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Sexuelle Gewalt unter Jugendlichen stellt in Deutschland ein relevantes Phänomen dar, von dem auch Jugendliche betroffen sind, die in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe leben. Verschiedene Forschungsergebnisse verweisen darauf, dass sexuelle Gewalt und ihre Verhinderung eng mit der Geschlechtlichkeit der Akteure und ihren Vorstellungen von Sexualität verbunden sind. An diese Erkenntnisse knüpft die vorliegende Arbeit an und beschäftigt sich mit den Fragen, ob und wie Jungen aus der stationären Jugendhilfe über sexuelle Gewalt erzählen und welche Bedeutung Männlichkeiten dabei haben. Entsprechend werden subjektive Vorstellungen von Geschlecht, Sexualität und sexueller Gewalt in die Analyse miteinbezogen. Im Zuge eines qualitativ-rekonstruktiven Forschungsprozesses wurden bereits existierende Interviewdaten im Rahmen einer Sekundärnutzung in Anlehnung an das integrative Basisverfahren nach Kruse ausgewertet und die Ergebnisse der Fallanalysen auf der Grundlage von Rekonstruktionen und Kontrastierungen übergreifender zentraler Motive und Thematisierungsregeln zu vier analytischen Typen gebündelt, die unterschiedliche Erzählpositionen zu sexueller Gewalt darstellen. Hierbei beziehen sich die Auswertungen schwerpunktmäßig auf Erzählungen zurückliegender, sprachlich aufgearbeiteter sexueller Übergriffe, die als Erfahrungswissen zu sexueller Gewalt rekonstruiert wurden. Nach dem Typ »Der ehemals Übergriffe«, werden im Verlauf der Arbeit die Typen »Der intervenierende Bystander«, »Der nicht-intervenierende Bystander« und »Der Unerfahrene« kontrastiv ausgearbeitet. Aufbauend auf der Ergebnisdarstellung werden abschließend Folgerungen für eine mit Geschlechtervorstellungen arbeitende Soziale Arbeit im Kontext von Prävention sexueller Gewalt und sexueller Bildung sowie für weitere Forschung im Themenfeld abgeleitet
Der Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland zielt unter anderem darauf ab, Schüler*innen umfassend individuell in ihrer Entwicklung zu fördern. Aktuelle Untersuchungen verdeutlichen den Bedarf an weiterer Forschung, insbesondere zur Analyse individueller Entwicklungsverläufe und ihrer Zusammenhänge mit der Ganztagsschulteilnahme. Zwei bedeutende Schüler*innenmerkmale im Kontext von Leistung und Lernen sind das akademische Selbstkonzept und die Lernzielorientierung.
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des akademischen Selbstkonzepts und der Lernzielorientierung von Schüler*innen während der Sekundarstufe I an Ganztagsschulen, abhängig von ihrer Teilnahme am Ganztagsunterricht. Zudem werden differenzielle Entwicklungsverläufe beider Merkmale analysiert und Bedingungsfaktoren für positive Entwicklungsverläufe überprüft.
Die Ergebnisse verdeutlichen eine signifikante Abnahme sowohl des akademischen Selbstkonzepts als auch der Lernzielorientierung der Schüler*innen während der Sekundarstufe I. Es zeigt sich jedoch kein direkter Effekt der Teilnahme am Ganztagsunterricht auf diese Abnahme. Personenzentrierte Analysen ergeben unterschiedliche Entwicklungsverläufe für beide Merkmale, wobei nur vereinzelte Zusammenhänge zur Ganztagsteilnahme erkennbar sind. Die Ergebnisse legen jedoch nahe, dass die Qualität und Gestaltung der Ganztagsangebote von Bedeutung sind.
Die empirischen Befunde werden im Rahmen bestehender Theorien interpretiert und in die aktuelle Forschungslage eingebettet. Dabei werden auch praktische Implikationen abgeleitet und mögliche Auswirkungen auf die Forschung im Bereich der Ganztagsschulforschung diskutiert.
Das Handbuch in der deutschen Übersetzung bezieht sich auf das Projekt Fashion DIET (Sustainable Fashion Curriculum at Textile Universities in Europe – Development, Implementation and Evaluation of a Teaching Module for Educators), ein von der EU gefördertes Projekt im Rahmen der Key Action „Strategic Partnerships“ des Erasmus+ Programms. Von September 2020 bis August 2023 sind in dem internationalen Projekt unter der Federführung der Pädagogischen Hochschule Freiburg Lehr- und Lernarrangements entwickelt worden. Partnerhochschulen sind die Hochschule Reutlingen in Deutschland, die Technische Universität Gheorghe Asachi in Iaşi, Rumänien, und die Trakische Universität in Stara Zagora, Bulgarien. Aufgrund der verheerenden ökologischen und sozialen Auswirkungen der Textilindustrie und der in den letzten Jahrzehnten vom Konzept der Fast Fashion dominierten Modeindustrie ist es von großer Bedeutung, die Ziele der nachhaltigen Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen in die gesamte textile Wertschöpfungskette zu integrieren, d. h. in die Phasen der Produktion, des Konsums und der Entsorgung, um sie nachhaltig und positiv für Menschen und Ökosysteme zu gestalten. Die anstehende Transformation der Textil- und Modeindustrie in Richtung Nachhaltigkeit erfordert daher eine kontinuierliche Umsetzung des Leitprinzips Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in der Aus- und Weiterbildung. Das Projekt Fashion DIET zielte darauf ab, den Prozess der Umsetzung von BNE in den nationalen Bildungssystemen zu fördern. Das Hauptziel war die Entwicklung eines BNE-Weiterbildungsmoduls im Kontext von Mode und Textilien für Hochschulen, da Lehrende und Lernende in Zukunft stärker international kooperieren müssen, um das Leitbild BNE dauerhaft auf internationaler Ebene zu etablieren. Darüber hinaus sind daraus abgeleitete Lehr- und Lernmaterialien für berufliche und weiterführende Schulen entwickelt und als Open Educational Resources (OER) über die Datenbank Glocal Campus zur Verfügung gestellt worden.
Marc Goldoni untersucht in der qualitativ-rekonstruktiven Studie Handlungsorientierungen von Praxisausbildenden der Sozialen Arbeit in der Schweiz zu ihrer Tätigkeit an der Schnittstelle von Hochschule und Praxis. Insbesondere der Zusammenhang von berufsbiografischen Aspekten, organisationalen Rahmenbedingungen und professionsspezifischen Diskursen wird dabei in den Fokus genommen. Der Autor entwickelt darauf aufbauend unterschiedliche Typen von Praxisausbildenden. Diese verstehen ihre Aufgabe in ihrer jeweils eigenen Logik. Es zeigen sich typenspezifische Ausprägungen wie und an welchen Problemgegenständen Reflexion betrieben wird und welche Herausforderungen dabei auftreten. Die auf Grundlage narrativ orientierter Einzelinterviews und mit der Dokumentarischen Methode rekonstruierten Ergebnisse geben einen vertieften Einblick in eine bisher wenig beleuchtete Praxis. Sie geben zudem wichtige Hinweise darauf, an welchen Punkten Weiterbildungsangebote von Hochschulen ansetzen können.
Wenn das Thema mit nach Hause kommt: Eine qualitative Erhebung mit dem inneren Team bei Coaches
(2022)
Helfende Systeme wie Coaching werden zur Bewältigung der komplexen Lebensrealität der Informations- und Multioptionsgesellschaft immer mehr zum Normalfall. Gleichzeitig sind die Herausforderungen, mit denen sich die Helfenden konfrontiert sehen, noch weitestgehend unerforscht. Diese Forschungslücke sucht die vorliegende Studie zu schließen. Um den individuellen Umgang der vier befragten Coaches im Angesicht solcher Herausforderungen sichtbar zu machen, wurden im Rahmen der Studie problemzentrierte Interviews durchgeführt. Im Kontext dieser Interviews wurden anhand des Modells des inneren Teams die intrapersonalen Dynamiken der Coaches in den als herausfordernd erlebten Situationen reflexiv erarbeitet. Die erhobenen Daten wurden anschließend mittels der dokumentarischen Methode mit dem Ziel einer konkreten Typenbildung expliziert. Anhand dieses forschungspraktischen Vorgehens konnte gezeigt werden, dass Coaches sich mit zwei grundsätzlich verschiedenen Typen von Herausforderungen konfrontiert sehen. Auf der einen Seite entstand durch ein hohes Maß an Empathie bei den Coaches eine übermäßige Nähe. Auf der anderen Seite kam es durch Wertekonflikte mit den Themen der Klient*innen zu einer Ablehnungshaltung, die zu einer kontraproduktiven Distanz in der Arbeitsbeziehung führte. Entsprechend dieser unterschiedlichen Typen von Herausforderungen kam es bei den befragten Coaches zu intrapersonalen Dynamiken, die ihnen eine konstruktive Prozessgestaltung erschwerten. Innerhalb der inneren Teams der Coaches waren vier verschiedene Typen von Anteilen erkennbar: Professionelle Anteile, empathische Anteile, Grenzwächter*innen und hilfsbereite Anteile. Es resultierte ein innerer Zwiespalt zwischen dem professionellen Anspruch an das eigene Handeln und dem Schutz der eigenen Bedürfnisse und Ressourcen, die im Angesicht der erlebten Herausforderungen bedroht waren.
Soziale Unsicherheit. Auswirkungen ablehnender Rentenentscheide auf die Biographien von Betroffenen
(2023)
Die Transformation des Sozialstaats gemäss den Prinzipien der Aktivierung erfasste in der Schweiz zu Beginn des neuen Jahrtausends auch die Invalidenversicherung (IV) – jene Versicherung, welche u.a. zuständig ist für Renten bei langfristiger, krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit. Der Zugang zur Berentung wurde erschwert, wodurch die Zahl der Neuberentungen innert 10 Jahren auf die Hälfte zurückging. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen kommen dadurch vermehrt in die Situation, dass sie wegen Gesundheitsproblemen ganz oder teilweise aus der Erwerbsarbeit ausscheiden, dennoch aber keinen Anspruch haben auf Rentenzahlungen durch die IV. Im vorliegenden Dissertationsprojekt wurde anhand einer biographieanalytischen Interviewstudie der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen Rentenablehnungen durch die IV auf Betroffene haben. Die Analyse von 8 narrativ-biographischen Interviews zeigte, dass sich eine Rentenablehnung nicht auf alle gleich auswirkt. In Abhängigkeit der vorhandenen sozio-ökonomischen Ressourcen und der vorausgegangenen Lebensverläufe kann eine Nicht-Berentung zu einem sozialen Abstieg führen oder aber als «ausbleibende Entlastung» wirksam werden. Auf Ebene der biographischen Verarbeitung lassen sich Rentenablehnungen als eine Missachtungserfahrung beschreiben, welche das Vertrauen in den Sozialstaat erschüttert und die Identität der Betroffenen beschädigt.
„Beratung und Schule“ ist eine Podcast-Reihe für angehende Lehrer*innen zu den Themen Beratung und Gesprächsführung mit Eltern und Schüler*innen. Hier bekommt Ihr einen Einblick in die Thematik und vertiefte Informationen zu einzelnen Themenbereichen.
Der Podcast entsteht 2023 im Rahmen eines Projektes zur Förderung von Beratungskompetenzen von Lehramtsstudierenden, finanziert durch QS-Mittel der Verfassten Studierendenschaft der PH Freiburg.
Redaktion: Lena Sachs
Episode 1: Erfahrungen aus Forschung und Praxis
Episode 2: Elternarbeit und Beratung in der Praxis – Gespräch mit einem Grundschulrektor
Episode 3: Lerngespräche mit Schüler*innen
Episode 4: Autismus im Schulkontext
Episode 5: Kinderschutz und Gespräche im Gefährdungskotext
Episode 6: Selbstverletzendes Verhalten im Schulkontext
Episode 7: Beratungslehrkräfte an Schulen
Episode 8: Schulpsychologische Beratungsstelle
Im Forschungszentrum ReCCE (Research Center for Climate Change Education and Education for Sustainable Development) werden Voraussetzungen, Prozesse und Ergebnisse von Bildung für nachhaltige Entwicklung und Klimabildung in der formalen und non-formalen Bildung untersucht. In diesem Papier soll das Forschungsverständnis geklärt, wichtige Forschungsgegenstände skizziert und Qualitätskriterien für die empirische Arbeit bestimmt sowie eine Abgrenzung zu anderen pädagogischen Diziplinen vorgenommen werden.
Hintergrund
In der COVID-19-Pandemie ging die Versorgung nichtübertragbarer Erkrankungen zeitweise deutlich zurück, auch weil Menschen Angst vor einer Ansteckung hatten. Wir führen eine Bestandsaufnahme zur organisationalen Gesundheitskompetenz in der Regelversorgung nichtübertragbarer Erkrankungen in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie durch und fragen: Inwiefern wurden Menschen mit gesundheitlichen Beschwerden dabei unterstützt, gesundheitskompetente Entscheidungen für oder gegen die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen zu treffen?
Methodik
Strukturierende Inhaltsanalyse der Internetpräsenzen der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF; n = 179), der kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen (K(Z)Ven; n = 38), ausgewählter Krankenkassen (n = 21), ausgewählter Behandlungseinrichtungen (n = 25) und überregionaler Anbieter von Gesundheitsinformationen (n = 5) zu Informationen und Angeboten zum Thema.
Ergebnisse
Die geprüften Internetpräsenzen informieren weitgehend rund um COVID-19, aber nur selten darüber, wie man sich bei einer (vermuteten) anderen Erkrankung in Bezug auf die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen verhält. 2 Portale von Anbietern von Gesundheitsinformationen, eine Krankenkasse, aber keine der KVen bieten explizite Entscheidungshilfen an. KVen weisen öfter, aber nicht durchgängig auf die generelle Möglichkeit von Videosprechstunden hin.
Diskussion
Für die meisten Patient*innen gab es damit keine gezielten Informationen zu dem Thema. Angesichts der Fortdauer der COVID-19-Pandemie gilt es, vorhandene vertrauenswürdige, qualitativ hochwertige Informations- und Beratungskapazitäten auszubauen und ihre Bekanntheit zu erhöhen, um gesundheitskompetente Entscheidungen auch in der Pandemie zu ermöglichen.
Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die Diskussion (und aktuelle Forschung) zur Fachspezifität von Unterrichtsqualität aus der Perspektive der Mathematikdidaktik. Sowohl theoretische als auch empirische Argumente verdeutlichen, dass bei einer Konzeptualisierung von Unterrichtsqualität fachspezifische Aspekte nicht außer Acht gelassen werden sollten. Die Berücksichtigung fachspezifischer Aspekte bezieht sich derzeit meist auf die Spezifizierung von Kriterien bei der Erfassung Unterrichtsqualität durch Ratings. Wir argumentieren jedoch, dass Kriterien dabei nicht die einzige relevante Varianzquelle darstellen, in der sich Fachspezifität niederschlägt. Um der Fachspezifität von Unterrichtsqualität systematisch auf die Spur zu kommen, schlagen wir daher eine mehrdimensionale Perspektive auf die Fachspezifität von Unterrichtsqualität als Grundlage für empirische Forschungsstrategien vor. Demnach zeigt sich die Fachspezifität von Unterrichtsqualität in unterschiedlichen Varianzquellen (Kriterien, Situationen, Ratern), die sich durch verschiedene Grade an Fachspezifität systematisch auf die eingeschätzte Unterrichtsqualität auswirken können. Insbesondere illustrieren wir anhand eines Beispiels, wie das fach- und inhaltsbezogene Wissen von Ratern (und damit die Fachspezifität von Ratern) ihre Interpretationen von Kriterien und Unterrichtssituationen beeinflussen und sich systematisch in ihren Einschätzungen von Unterrichtsqualität niederschlagen können.
Die aktuellen Diskussionen um die Fachspezifität von Unterrichtsqualität und die Erweiterung der Basisdimensionen für Unterrichtsqualität sind aus unserer Perspektive zeitgemäß, qualitätsvoll und lassen einen großen Mehrwert für die Unterrichtsforschung erwarten. Mit Bezug zu einem gemeinsamen Forschungsprojekt zur Optimierung von Videoartefakten für die Lehrer*innenbildung wird in unserem Beitrag herausgearbeitet, dass Unterrichtsqualität vor allem von den im Unterrichtsprozess umgesetzten Lehr- und Lernaktivitäten abhängt. Angehende Lehrpersonen sollten zwischen qualitätsvollen und weniger qualitätsvollen Lehr‑/Lernaktivitäten unterscheiden können. Wir plädieren für die verstärkte forschungsbezogene Entwicklung von Unterrichtsartefakten, anhand derer das optimale Zusammenwirken fachspezifischer und fächerübergreifender Unterrichtsmerkmale modelliert und empirisch geprüft werden kann. Über einen solchen Ansatz ließe sich die Frage nach fachspezifischen und fächerübergreifenden Qualitätsmerkmalen auf der Basis konkreter Unterrichtspraktiken weiter klären. Im Ausblick schlagen wir vor, für die Lehrer*innenbildung Standardsituationen für Qualitätsmerkmale von Fachunterricht zu definieren.
Bisherige Untersuchungen zu kognitiv aktivierendem Unterricht belegen überwiegend positive Effekte auf die Leistungsentwicklung der Schülerinnen und Schüler. Jedoch wird die Wirkung eines solchen Lernangebots bei leistungsschwächeren Lernenden selten untersucht. Der Fokus des vorliegenden Beitrags liegt daher auf der Nutzung und Wirkung kognitiv aktivierenden Unterrichts bei Schülerinnen und Schülern an Haupt- und Realschulen. Es wurde untersucht, (1) ob es einen Zusammenhang zwischen der beobachteten kognitiven Aktivierung und dem Ausmaß selbstberichteter kognitiver Aktivität der Schülerinnen und Schüler gibt und (2) ob sich die in den beobachteten Unterrichtsstunden erzielten Lernzuwächse der Schülerinnen und Schüler mit dem Ausmaß kognitiver Aktivierung im Unterricht und der selbstberichteten kognitiven Aktivität erklären lassen. Dazu wurden 60 videographierte Mathematikstunden hinsichtlich ihres Ausmaßes an kognitiver Aktivierung hochinferent bewertet, die entsprechenden Schülerinnen und Schüler (N = 608) aus der achten Jahrgangsstufe an Haupt- und Realschulen zu ihrer kognitiven Aktivität im Unterricht befragt sowie ihre Leistung im Prä-Post-Design erfasst. Die Vorhersage der kognitiven Aktivität bzw. des Leistungszuwachses wurde mithilfe eines Mehrebenen-Designs untersucht. Erwartungswidrig zeigte sich Evidenz für die Nichtexistenz eines Zusammenhangs zwischen kognitiver Aktivierung und kognitiver Aktivität, jedoch bestätigen die Ergebnisse die Annahme, dass der Leistungszuwachs der Schülerinnen und Schüler unter anderem durch das Ausmaß kognitiver Aktivierung in den Lernbegleitungsphasen moderiert wird. Implikationen für die weitere Forschung werden diskutiert.
Die Schließung von Kindertageseinrichtungen (Kita) als Maßnahme zur Eindämmung des Corona-Virus stellte frühpädagogische Fachkräfte kurzfristig vor veränderte Tätigkeitsbedingungen und Möglichkeiten, den weiterhin bestehenden Bildungsauftrag umzusetzen. Die Zusammenarbeit mit Eltern, mit und ohne digitale Medien, spielt in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle. Der Beitrag untersucht a) wie häufig und in welcher Form Fachkräfte die Elternzusammenarbeit in der Corona-Schließzeit umsetzten, b) welche Einstellungen frühpädagogische Fachkräfte zu digital-gestützter und allgemeiner Elternzusammenarbeit in der Corona-Schließzeit hatten und c) welche Rolle die Qualifikation der Fachkräfte, ihre Einstellungen und ihre wahrgenommene Unterstützung im Hinblick für die digitale und nicht digitale Elternzusammenarbeit in der Corona-Schließzeit spielten. Datenbasis bildet eine bundesweite Onlinebefragung von 3513 Fachkräften in Kitas während der Corona-Schließzeit. Die Ergebnisse zeigen, dass die wahrgenommene eigene Rolle im Hinblick auf die Elternzusammenarbeit einen positiven Einfluss darauf hat, ob mit den Eltern Kontakt aufgenommen wurde. Ob dieser Kontakt über digitale Medien passiert, hängt unter anderem von den Einstellungen der Fachkräfte zu digitalen Medien, der erwarteten Reaktion der Eltern auf diese Form der Elternzusammenarbeit und von der technischen Unterstützung im Implementationsprozess digitaler Medien in der Elternzusammenarbeit ab. Die Ergebnisse werden in Bezug auf strukturelle Bedingungen von Einrichtungen und professionelle Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte für eine breite Implementierung digitaler Medien in der frühpädagogischen Praxis diskutiert.
Zusammenfassung
Das Konzept der digitalen Gesundheitskompetenz ist das Ergebnis der zunehmenden gesellschaftlichen Durchdringung von digitalen Medien und deren Nutzung im Alltag. Infolge der hohen Zugänglichkeit und Allgegenwärtigkeit von Gesundheitsinformationen steigt die Notwendigkeit nicht nur des Suchens und Findens, sondern insbesondere der Einschätzung ihrer Verlässlichkeit und der darauf bezogenen Selektion und Anwendung für eigene Gesundheitsbelange. Gerade im Kontext der Digitalisierung ist zudem zu berücksichtigen, dass die Nutzenden nicht nur passiv rezipieren, sondern aktiv am Kommunikationsgeschehen durch Interaktion mit bestehenden Inhalten oder durch eigene Informationsbeiträge teilhaben.
Der vorliegende Beitrag gibt eine Übersicht über den aktuellen Forschungsstand zur digitalen Gesundheitskompetenz, wobei der Fokus vor allem auf dem Kindes- und Jugendalter liegt. Neben seiner terminologisch-konzeptionellen Verortung und der notwendigen Verschränkung mit dem Ansatz der Medienkompetenzen wird das Verhältnis von digitaler Gesundheitskompetenz und sozialer sowie gesundheitlicher Ungleichheit betrachtet. Als ungleichheitsgenerierend wird dabei weniger der unterschiedliche Zugang zu digitalen Medien angesehen, sondern vor allem die Unterschiede in den zum Umgang notwendigen Kompetenzen. Nach einer Übersicht über die wenigen bisher verfügbaren Instrumente zur Erfassung der digitalen Gesundheitskompetenz werden am Beispiel des Settings Schule erste Überlegungen zu ihrer individuellen und strukturellen Stärkung angestellt.
Hintergrund
Die Anzahl multipel chronisch erkrankter Älterer steigt, und Multimorbidität geht mit hoher Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen einher. Um Selbstständigkeit und Verbleib in der Häuslichkeit zu erhalten, wird zunehmend ein integriertes Versorgungsmanagement eingesetzt. Zur Wirksamkeit in der Zielgruppe der multipel chronisch erkrankten Älteren liegen aber kaum belastbare Daten vor.
Ziel der Arbeit
Bewertung der Wirksamkeit von integriertem Versorgungsmanagement bei Erwachsenen und Abschätzung der Übertragbarkeit auf ältere, multimorbide Personen in Deutschland.
Methoden
Systematische Literaturrecherche in der Cochrane Library mit Einschluss von Cochrane-Reviews (CR) zu (a) den 13 häufigsten Gesundheitsproblemen im Alter, mit (b) Komponenten des integrierten Versorgungsmanagements bei (c) Erwachsenen jeden Alters. Experten schätzten die Übertragbarkeit der eingeschlossenen CR auf multipel chronisch erkrankte Ältere in Deutschland ein.
Ergebnisse
Aus 1412 Treffern wurden 126 CR eingeschlossen. Zur Endpunktkategorie Selbstständigkeit und funktionale Gesundheit zeigten 25 CR klinisch relevante Ergebnisse mit moderater Evidenzqualität. Folgende Interventionskomponenten wurden – unter Berücksichtigung identifizierter Barrieren – als übertragbar eingeschätzt und könnten für ein effektives, indikationsspezifisch integriertes Versorgungsmanagement multipel chronisch erkrankter Älterer herangezogen werden: (1) körperliche Aktivierung, (2) multidisziplinäre Interventionen, (3) das Selbstmanagement verstärkende Interventionen, (4) kognitive Therapieverfahren, (5) telemedizinische Interventionen und (6) Disease-Management-Programme.
Schlussfolgerungen
Die identifizierten Komponenten sollten in versorgungs- und patientennahen randomisierten kontrollierten Studien auf Wirksamkeit bei gebrechlichen Älteren geprüft werden.
Bei der Auswahl von Aufgaben für einen adaptiven Unterricht schätzen Lehrkräfte deren fachliche Anforderungen ein. Im Rahmen eines Modells der Informationsverarbeitung wird angenommen, dass bei solchen diagnostischen Urteilen über Aufgaben auf Basis fachdidaktischen Wissens schwierigkeitsgenerierende Merkmale identifiziert und diese hinsichtlich ihres Einflusses auf die Aufgabenschwierigkeit gewichtet werden. Dabei erfolgt die Verarbeitung von Oberflächen- und Tiefenmerkmalen unterschiedlich schnell und ist daher abhängig von der verfügbaren Zeit. Anliegen der Studie ist es, diese Annahmen über die kognitiven Prozesse bei der Urteilsbildung zu prüfen, indem Aufgabenmerkmale systematisch variiert und fachdidaktisches Wissen als Personenmerkmal sowie Zeitdruck als Situationsmerkmal experimentell variiert werden. Zur Prüfung der Modellannahmen werden bei Lehramtsstudierenden (N = 175) zwei Bedingungen verglichen: Einer Experimentalgruppe wird spezifisches fachdidaktisches Wissen über schwierigkeitsgenerierende Aufgabenmerkmale vermittelt. Ihre aufgabendiagnostischen Urteile werden durch paarweise Schwierigkeitsvergleiche erfasst und mit einer Kontrollgruppe verglichen – jeweils mit hoher und mit geringer Zeitrestriktion. Es zeigt sich, dass fachdidaktisches Wissen dazu führt, dass schwierigkeitsgenerierende Aufgabenmerkmale signifikant besser identifiziert und gewichtet werden, Zeitdruck hingegen hat signifikant negative Auswirkungen auf die Urteilsgüte. Die beschriebene Merkmalsvariation schlägt sich demnach hypothesenkonform in der Urteilsakkuratheit nieder, wobei die Prozesse der Identifizierung und der Gewichtung von schwierigkeitsgenerierenden Aufgabenmerkmalen unterschieden werden. Diese Ergebnisse erlauben Rückschlüsse auf die Bedeutung von spezifischem fachdidaktischem Wissen für diagnostische Urteile und geben damit Impulse für die Lehrkräfteaus- und -fortbildung. Die Unterscheidung der kognitiven Prozesse beim Einschätzen von Aufgabenschwierigkeit mit und ohne Zeitdruck legt nahe, dass sich Lehrkräfte hierüber während der Unterrichtsplanung (ohne Zeitdruck) und im Unterrichtsgeschehen (mit Zeitdruck) bewusst sein sollten, um reflektiert damit umgehen zu können.
Der Forschungsstand zu diagnostischen Kompetenzen von Lehrkräften – als wesentliche Voraussetzung für Feedback oder adaptives Unterrichten – wird zurzeit als unbefriedigend angesehen, da kaum überzeugende Theorien über die kognitiven Prozesse bei der Genese diagnostischer Urteile bestehen. An dieser Stelle setzt das Rahmenmodell DiaCoM (Explaining Teachers’ Diagnostic Judgements by Cognitive Modeling) an. Das DiaCoM-Rahmenmodell bietet eine theoretische Basis für Forschungsansätze, die diagnostische Urteile von Lehrkräften als Informationsverarbeitungsprozesse erklären wollen. Es konzeptualisiert diagnostisches Urteilen in Bildungskontexten als kognitive Prozesse einer Lehrkraft über Schülerinnen und Schüler (z. B. deren Fähigkeit) oder über Anforderungen (z. B. Aufgabenschwierigkeiten) auf der Grundlage der Informationen, die explizit oder implizit in einer diagnostischen Situation bestehen. Es bezieht sich auf Theorien der kognitiven Informationsverarbeitung und erfordert eine Spezifikation von vier Komponenten: die Personencharakteristika, die Situationscharakteristika, das diagnostische Denken als Informationsverarbeitung und schließlich das Diagnoseverhalten. Der Beitrag stellt dar, wie das DiaCoM-Rahmenmodell als forschungsheuristisches Modell eingesetzt werden kann, um Erklärungswissen zur Genese diagnostischer Urteile zu generieren: Durch Spezifikation der informationsverarbeitenden Prozesse können theoretische Voraussagen darüber getroffen werden, welche Personen- und Situationscharakteristika zu welchem diagnostischen Verhalten führen. Diese Annahmen sind dann einer experimentellen Prüfung durch systematische Variation der Situation oder der Personen (z. B. durch Instruktion) zugänglich.
Fachlich wenig anschlussfähige Schülervorstellungen können den Aufbau fachlich gültiger ökologischer Konzepte im Biologieunterricht beeinträchtigen, wenn Lehrkräfte diese im Unterrichtsverlauf nicht diagnostizieren und angemessen darauf reagieren. Unterrichtsbegleitende Diagnosen von Äußerungen der Schülerinnen und Schüler müssen häufig spontan („on-the-fly“) erfolgen. Es wäre wünschenswert, bereits angehende Lehrkräfte auf diese herausfordernde Aufgabe vorbereiten zu können. In einem experimentellen Prä-Posttest-Design (N = 36) wurden in dieser Studie Einflüsse auf den Erwerb von Fertigkeiten zur Diagnose von Schülervorstellungen untersucht. Hierfür wurden verschiedene Merkmale fallbasierter Lernsettings systematisch variiert (Video vs. Text/unterschiedliche Arten von Schülervorstellungen). Ein Training an Fallmedien erwies sich für bestimmte Diagnoseinhalte als effektiv im Vergleich zu einer Vermittlung diagnostischen Wissens ohne fallbasiertes Training. Unerheblich schien zu sein, ob als Fallmedium Video- oder Textvignetten verwendet wurden. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Fertigkeiten zur Diagnose im Wesentlichen inhaltsspezifisch erworben werden. Die Ergebnisse werden hinsichtlich der Entwicklung von Fördermaßnahmen in der Lehrerbildung diskutiert.
Medienkompetenz ist vielfach normativ definiert und quantitativ geprüft. Eine andere Perspektive einnehmend, greift der vorliegende Beitrag die Debatten um Medienkompetenz von „Digital Natives“ auf, indem er die ethnologische Metapher kulturanalytisch fokussiert. Mit Bezügen zur neueren Kindheitsforschung geht es explorativ um die kulturspezifische Entdeckung von Medienkompetenz als noch unbekannte Praxis. Ethnographisch wird aufgezeigt, wie sich diese Medienkompetenz von Kindern in der Schule konstituiert, beschreiben und verstehen lässt. Dabei tritt die situative Verwicklung dieser Kompetenz mit Grundschule analytisch hervor.
Wissen und Einstellungen sind Kompetenzfacetten pädagogischer Fachkräfte, deren Einfluss auf die Qualität des Interaktionsverhaltens im Kita-Alltag diskutiert wird. Im Zuge der Forderung nach evidenzbasierter Praxis kommt der Wissensorientierung, als Teilfacette pädagogischer Einstellungen, eine besondere Rolle zu, da Fachkräfte zwar über Wissen verfügen können, sie sich für die praktische Anwendung aber auch über deren Sinnhaftigkeit sicher sein müssen. Darunter werden zwei Orientierungsformen gefasst, die Auskunft darüber geben, welche Relevanz Fachkräfte den eigenen Erfahrungen und Intuitionen (Subjektive Orientierung) bzw. wissenschaftlichen Theorien/Konzepten/empirischen Befunden (Objektive Orientierung) für Entscheidungs- und Handlungsprozesse zusprechen. Ziel des Beitrags ist es zu prüfen, ob a) (theoretisches) Wissen und Wissensorientierung von pädagogischen Fachkräften (N = 120) die Qualität des Interaktionsverhaltens vorhersagen und b), ob die Einstellungsfacetten einen moderierenden Effekt im Einfluss von Wissen auf die Interaktionsqualität haben. Die Analysen ergaben, dass das erfasste Wissen einen Prädiktor für die Qualität des sozial- und lernunterstützenden Interaktionsverhaltens darstellt. Eine handlungsleitende Funktion der Wissensorientierung konnte eingeschränkt bestätigt werden und die Subjektive Orientierung stellte sich als Moderator für den Einfluss von Wissen auf sozial- und lernunterstützendes Interaktionsverhalten heraus. Die Ergebnisse werden mit Blick auf weiterführende Forschung und Qualitätsentwicklung diskutiert.