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Der Selbsthilfe kommt eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung zu. Neben der ambulanten, stationären und rehabilitativen Versorgung von Patienten werden Selbsthilfeinitiativen im medizinischen Bereich als "vierte Säule" im System gesundheitlicher Versorgung heranwachsen. Ist es machbar, dass psychisch Kranke - ohne direkte Beteiligung von Experten - eigenverantwortlich und erfolgversprechend ein Schulungsprogramm zum Management ihrer Krankheit absolvieren? Erstmals im deutschsprachigen Raum wurde für die Zielgruppe bipolar erkrankter Menschen ein salutogenetisch ausgerichtetes Selbstmanagement-Trainingsprogramm (SMTP) für die Anwendung in der Selbsthilfegruppe entwickelt und erprobt. Mit dem Ziel, Kompetenzen zu stärken sowie Eigenverantwortlichkeit und Selbsthilfefähigkeit von Individuen und Gruppen zu forcieren, zeigt das SMTP große Nähe zu Empowerment-Ansätzen. Um die Meinung der Betroffenen zu erfahren und Anforderungen an ein solches Programm abzuleiten, wurden bundesweit 15 Selbsthilfegruppen nach ihren Wünschen, Bedenken und Voraussetzungen interviewt. Auf dieser Grundlage entstand ein aus sechs Modulen à 90 Minuten umfassender Entwurf inklusive Handbuch mit methodischen Hilfestellungen, Informationsblättern, Lernimpulsen, Hausaufgaben und diversen anderen Zusatzmaterialien. Während einer sechs Wochen dauernden Testphase erprobte eine der interviewten Selbsthilfegruppen in Eigenregie das im Rahmen dieser Studie entwickelte SMTP. Retrospektiv wurde das Programm anhand einer standardisierten schriftlichen Befragung der Teilnehmer evaluiert. Die Resultate dieser Studie lassen den Schluss zu, dass Betroffene in Selbsthilfegruppen selbstgesteuert und erfolgversprechend ein Selbstmanagementprogramm absolvieren können. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die selbständige Auseinandersetzung mit krankheitsspezifischen Inhalten möglicherweise zur Erhaltung bzw. Verbesserung des Gesundheitszustandes beitragen kann. Weitere Untersuchungen sollten sich deshalb - denkbar in prä-post-Studiendesigns - konkreten medizinischen Outcomes bei der Zielgruppe der bipolar erkrankten Menschen in Selbsthilfegruppen (die das SMTP absolvieren) widmen. Mit dieser Studie wurde der Grundstein für die Weiterentwicklung und mögliche Einführung des SMTP in allen interessierten (deutschsprachigen) Selbsthilfegruppen gelegt. Wenn davon ausgegangen wird, dass es sich mit bipolar Betroffenen um eine krankheitsbedingt "schwierige" Indikationsgruppe handelt, stellt sich weiterführend die Frage, welchen Erfolg gesundheitsbezogene Selbstmanagementprogramme bei anderen Krankheitsbildern (Chronischer Schmerz, Osteoporose etc.) oder auch indikationsübergreifenden Zielgruppen (Arbeitslose, sozial Benachteiligte, andere Risikogruppen etc.) haben könnten. Die in dieser Studie vorgelegten Ergebnisse bieten Ansätze, die sich sicher nicht nur aus medizinischer Sicht zu untersuchen lohnen. Zusammengefasst wurde mit dieser Arbeit die Basis geschaffen, das vorliegende SMTP einer großen Zahl von interessierten Selbsthilfegruppen anzubieten, es weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse der Anwender anzugleichen. Die bundesweite Einführung des Programms in der vorliegenden Version wird derzeit vorbereitet. Zukünftig soll es möglich sein, dass sich die Nutzer im Internet eine speziell nach ihren Vorkenntnissen und Wünschen erzeugte Programmversion ausgewählter SMTP-Bausteine zusammenstellen, diese testen und auch bewerten können. Geplant ist die Entwicklung und Weiterentwicklung der Konzeption in einem interdisziplinären Team aus Patienten und Professionellen (Selbsthilfegruppenleiter, Mediziner, Psychologe, Medizinpädagoge).
Civilización: landeskundliche Lehre im deutschen Philologiestudium an spanischen Universitäten
(2005)
In der umfangreichen Dissertation mit ca. 350 Seiten Text und 100 Seiten Dokumentation als Anhang findet eine gründliche Auseinandersetzung mit der deutschen Diskussion um den Lehrbereich Landeskunde im Fach Deutsch als Fremdsprache statt (Kap. 3). Diese werden den theoretischen und hochschuldidaktischen Entsprechungen an den Universitäten Spaniens zugeordnet (Kap. 5). Zugrunde liegende Konzepte, die sich auch explizit mit der Bedeutung des Kulturbegriffs für die landeskundliche Lehre beschäftigen, werden ausführlich diskutiert (Kap.6). Am Anfang der Untersuchung steht die Darstellung und die Erläuterung der Ergebnisse einer Umfrage unter 282 Deutschstudierenden an zwölf spanischen Universitäten, die sich vornehmlich zu ihren Interessen bezüglich Deutschlands und seiner Kultur (im weiteren Sinne) äußern. Die empirische Befragung, die sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgewertet wird, gibt Aufschluss über den Bedarf an zielgruppenspezifischer landeskundlicher Lehre. Theoretisch werden die Forschungsergebnisse und methodischen Schritte durch die Einbeziehung der konstruktivistischen Erkenntnistheorie verortet. Im vierten Kapitel wird die Rolle des Deutschen als Fremdsprache im spanischen Bildungssystem erläutert und an das gängige Deutschlandbild in Spanien angeknüpft. Das fünfte Kapitel nimmt die Geschichte und Stellung des Lehrfachs "Cultura y Civilización" (auf Deutsch = Landeskunde) kritisch in den Blick und untersucht Konzepte, stoffliche und konzeptionelle Beschränkungen sowie methodische Fragen innerhalb der spanischen Germanistik. Nach einer kontrastiven und semiotischen Untersuchung der Begriffe "Kultur"/ "Zivilisation" und "Cultura"/ "Civilización" mit ihren kulturgebundenen Deutungsmustern schlägt die Autorin eine Neukonzeption des Lehrfachs explizite Landeskunde/ Kulturwissenschaft - für das spanische Deutschstudium unter dem Namen "Civilización" - vor und umreißt Aufgaben sowie Inhalte des Lehrgebiets (Kap. 6). Mit ihrer zielgruppenspezifischen Themenliste am Ende der Arbeit (Kap.7) will sie konkrete Ansätze anbieten: zu den genannten Lehrinhalten sind entsprechende Unterrichtsmaterialien unter http://ic.daad.de/barcelona zu finden.
Die Arbeit thematisiert Reformkonzepte zur Lehrerbildung, die auf diverse Leistungsstudien und Forderungen nach Standards reagieren. Von den formulierten Kompetenzbereichen interessiert an dieser Stelle jener, der den adäquaten Umgang mit schulischen Veränderungen ins Zentrum rückt. Zu den "neuen" Zuständigkeiten von Lehrerinnen und Lehrern gehören etwa die Evaluation von Unterricht oder die kooperative Profilbildung und Selbstverwaltung der eigenen Schule. Die Bildungswissenschaften sehen in den erweiterten Aufgaben einen Paradigmenwechsel, der in Zusammenhang mit dem beruflichen Selbstverständnis und einer professionellen Haltung steht. Fraglich ist, inwieweit eine solche Haltung administrativ geplant werden kann: Soziale Leitideen wie Engagement oder Kooperation lassen sich nicht "absichtlich" aneignen, sondern zielen weitgehend auf implizite Wissensbestände. Die vorliegende Arbeit fasst dieses Praxiswissen mithilfe der Handlungstheorie Bourdieus und fragt mit Blick auf Professionsdesiderate danach, ob und wie Lehrerbildung einen Habitus fördert, der "innovativ" ist. Untersucht werden die Kompetenzen von Berufsneulingen, da diese immer wieder als Hoffnungsträger einer nachhaltigen Schulentwicklung genannt werden. Die Studie bedient einen empirischen Nachholbedarf und trägt zur sozialwissenschaftlichen Methodologieentwicklung bei. Im Fokus steht ein Begleitseminar zum Schulpraktikum, in dem Studierende "eigene Fälle" supervisorisch bearbeiten sowie diverse Gruppendiskussionen durchführen. Der komplexe Datenkorpus beinhaltet verschiedenste Textsorten, Beobachtungen und Erhebungen. Für die qualitative Analyse wesentlich ist, dass die Konstruktion von handlungsleitenden Bedeutungen nicht als rein geistige Operation betrachtet wird, sondern sozial situiert und in einem kollektiv erfahrenen Alltag angelegt ist. Da sich dieses symbolische Handeln gewissermaßen intuitiv und inkorporiert vollzieht, setzt es zudem keine willentliche Zustimmung voraus. Die Rekonstruktion realer Studienpraxis belegt eindrücklich, dass sich in der Kommunikation zwischen den Ausbildungsbeteiligten weit mehr ereignet als die Weitergabe von Information. Die Studie identifiziert institutionelle Einflüsse und zeichnet dezidiert die Umstände nach, unter denen Studierende auf altbewährte Strategien zurückgreifen oder alternativ ungewohnte ausprobieren. Sie zeigt auch, dass sich verschiedene Handlungsfelder nicht strikt voneinander trennen lassen und biografische Grundorientierungen und Konfliktmuster in andere Kontexte hineintragen werden. Die Methodologie der Grounded Theory (Strauss/Corbin) bietet die Chance, für die Theoriebildung mehrdisziplinäre Referenzfolien heran zu ziehen. Insbesondere die Anbindung an soziologische Makrotheorien wie der reflexiven Modernisierung (Beck, Giddens) liefert der Lehrer(aus-)bildung einen Rahmen, der mit landläufigen Theorie-Praxis-Dualismen bricht. Eine passfähige Verdichtung leisten neuere sozialpsychologische Konzepte zu Identität (Keupp) und Situiertem Lernen (Lave/Wenger). Das zentrale Ergebnis der Untersuchung lautet erstens, dass die berufliche Entwicklung von künftigen Lehrerinnen und Lehrern von der Individualisierung wesentlich tangiert wird, und zweitens, dass sich daraus ein Steuerbedarf für die Praxisgemeinschaften ergibt. Die Studie verdeutlicht entgegen trivialen Machbarkeitsvorstellungen von Bildungsplänen, wie Individualisierungsphänomene die professionsinhärente Unsicherheit von Bildungsarbeit gewissermaßen potenzieren: Die Ausbildungskontexte sind geprägt von kurzzeitigen Partizipationen, unübersichtlichen Sozialzusammenhängen und pluralistischen Wertvorstellungen, die eine professionelle Orientierung erschweren. Während die Entscheidungs- und Konkurrenzprobleme wachsen, werden gleichzeitig die Beziehungen und Zugehörigkeiten fragiler. Hier decken die Ergebnisse die normativen Implikationen von Idealkonstrukten wie "Lernenden Organisationen" auf und relativieren einseitige Gewinnmythen, wie etwa über Teamarbeit, Flexibilität oder Risikofreude. Als Schlüsselkonzept im Umgang mit Unsicherheit und Risiko stellt die Theoriebildung Ver-trauen (Luhmann) heraus, das nicht mehr durch Traditionen gegeben ist, sondern von den Ausbildungsbeteiligten aktiv hergestellt werden muss und ein spezifisches soziales Können erfordert. Vor dem Anspruch einer integrierten Berufsbildung braucht es Partizipationsformen, die gegenseitige Anerkennung und transparente Einflussmöglichkeiten bieten. Die Er-gebnisse sprechen gleichzeitig gegen ein pauschales Berufsfeldvotum, solange die Frage nach der Qualität der jeweiligen Praxis nicht gestellt wird. Als Perspektive verweist die methodisch kontrollierte Supervision auf kommunikative Strategien, die bisherige Denkfiguren aufbrechen und die eigene Berufsentwicklung bewusster machen: Eine selbstreflexive und soziale Hermeneutik bildet ein Instrument, das die kontinuierliche Evaluation des beruflichen Handelns leisten kann.