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Arbeitsbedingte Belastungen und Beanspruchungen bei Beschäftigten in haushaltsnahen Dienstleistungen
(2024)
Die Beschäftigung in haushaltsnahen Dienstleistungen und damit einhergehende Belastungen, Ressourcen und Beanspruchungen sind ein wissenschaftlich kaum untersuchtes Feld. Über die Beschäftigtengruppe, ihre soziodemografischen Merkmale und ihre Motivation ist wenig bekannt, ebenso wenig darüber, unter welchen Bedingungen Haushaltshilfen in Privathaushalten arbeiten. Im Rahmen eines empirischen Vorgehens wurden die genannten Desiderate im Rahmen dieser Arbeit untersucht. Im ersten Schritt wurden Interviews mit rechtskonform und nicht rechtskonform Beschäftigten in haushaltsnahen Dienstleistungen (n=17) geführt und mithilfe der Framework Analyse ausgewertet. Im zweiten Schritt wurde eine quantitative Onlinebefragung unter rechtskonform Beschäftigten durchgeführt (n=229), welche deskriptiv und inferenzstatistisch ausgewertet wurde.
Die Erhebungen brachten übereinstimmend zum Vorschein, dass die Beschäftigten im Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen durchschnittlich höheren Alters sind und in der Regel weiblich, ihre Lebenslagen, Biographien und Bildungshintergründe sind dagegen heterogen und lassen nur schwerlich von der „typischen“ Haushaltshilfe sprechen. Ferner zeigte sich in den Leitfadeninterviews, dass finanzielle Aspekte, Flexibilität in der Arbeits(zeit)gestaltung und Sinnhaftigkeit bedeutsame Motivatoren für die Aufnahme einer solchen Tätigkeit sind. Als Belastungsfaktoren ließen sich vor allem Alleinarbeit, der Umgang mit fremdem Eigentum und die damit einhergehende Verantwortung, sowie fehlende Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit von Haushaltshilfen identifizieren. Erkennbar wurde zudem das unbedingte Bestreben, das von den Auftraggeber*innen entgegengebrachte Vertrauen nicht zu enttäuschen.
Die Ergebnisse der quantitativen Datenerhebung konnten einige der in den Interviews identifizierten Faktoren bestätigen und lieferten weiterführend Erkenntnisse zu den Wirkungszusammenhängen von arbeitsbezogener Belastung und Erschöpfung einerseits, und Ressourcen und Engagement der Beschäftigten anderer-seits. Die Untersuchung, welche in ihrer theoretischen Konstruktion auf dem Job-Demands-Ressources Modell fußt, zeigte, dass nicht allein das Ausmaß an Belastung für das Ausmaß an Erschöpfung verantwortlich ist, sondern Ressourcen ebenfalls eine bedeutsame Rolle dabei einnehmen. Analog dazu war festzustellen, dass auch hinsichtlich der Prognose von arbeitsbezogenem Engagement nicht nur die Ressourcenausstattung, sondern auch das Ausmaß an Belastung von Bedeutung ist. Ferner zeigte sich übereinstimmend in beiden Erhebungen, dass die Beachtung formaler Rahmenbedingungen sowie die Sicherstellung der Anforderungen zugunsten von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit von Auftraggeber*innen in höchst unterschiedlichem Maße praktiziert werden. Deutlich wurde, dass die konkrete Arbeitssituation von Haushaltshilfen in hohem Maße vom jeweiligen Auf-traggeber*innenhaushalt abhängt.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich vielfältige Anforderungen an bzw. Herausforderungen für institutionelle und politische Akteure, aber auch Auftraggeber*innen von Haushaltshilfen ableiten. Als bedeutsamster Faktor erscheint dabei die generelle Aufwertung und Wertschätzung der Tätigkeit von Haushaltshilfen.
In der vorliegenden Arbeit werden Kennzeichen und Probleme der Lebensführung junger Geflüchteter auf Grundlage qualitativer Interviews mit jungen Geflüchteten, die von Sozialarbeitenden als problematische und/oder schwer erreichbare Fälle beobachtet werden, rekonstruiert. Hierfür wurden Konzepte und Dimensionen von Lebensführung aufbereitet, verschiedene Beobachtungsangebote auf Probleme der Lebensführung erarbeitet und Soziale Arbeit als eine auf Probleme der Lebensführung bezogene, wohlfahrtsstaatlich organisierte Hilfe bestimmt. Kennzeichen der Lebensführung junger Geflüchteter werden nicht nur aus dem empirischen Material heraus entwickelt, sondern auch umfassend entlang des deutschsprachigen Forschungsstandes herausgearbeitet. Die Arbeit bietet darüber hinaus eine vertiefende Analyse zu Bedingungen und Einflussfaktoren auf den Aufbau und die Gestaltung von Arbeitsbündnissen und eine abschließende Diskussion der Forschungsergebnisse im Kontext Sozialer Arbeit.
Ausgehend von dem Anspruch, professionelles Handeln im Kontext der Sozialen Arbeit mit wissenschaftlichem Wissen zu verknüpfen und der Annahme, dass dazu neben individuellen Aspekten auch strukturelle Rahmenbedingungen zu berücksichtigen sind, wird zunächst ein theoretisches Modell entwickelt, das solchermaßen verortete Prozesse der Erzeugung von Wissenschaftlichkeit erklärt. Der empirische Test in einer Praxisorganisation unter Verwendung des von Daniel Gredig und Peter Sommerfeld entwickelten Modells des Praxis-Optimierungs-Zyklus bestätigt einerseits wesentliche Grundannahmen des theoretischen Modells und zeigt exemplarisch, wie und unter welchen Voraussetzungen Wissenschaftlichkeit realisiert werden kann.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dem Stand der Alphabetisierungsmaßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache auseinander, die erst in der Sekundarstufe I im lateinischen Schriftsystem alphabetisiert werden. Um ein möglichst umfassendes Gesamtbild zur zweitsprachlichen Alphabetisierung in den weiterführenden Schulen zu erzielen, wurden anhand der Fragen aus dem breiten Spektrum verschiedener Themenbereiche Äußerungen der beteiligten Personen an drei unterschiedlichen Standorten erhoben. Die Datenerhebung erfolgte mittels leitfadengestützter Expert_inneninterviews. Zur Auswertung diente die Methode der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018).
Die Untersuchung förderte die hohen Anforderungen für die Alphabetisierung in der Zweitsprache Deutsch und gleichzeitig die mangelhaften Rahmenbedingungen für diese schulische Aufgabe zutage. Der vorliegenden Untersuchung zufolge benötigen etwa 15 bis 20 Prozent aller neu zugewanderten Kinder und Jugendlichen im Sekundarbereich I eine Alphabetisierungsförderung im lateinischen Schriftsystem. Davon haben 10 bis 20 Prozent vor der Einreise keinerlei Schrifterfahrung. Die Dauer bis zur technischen Alphabetisierung erstreckt sich aufgrund der Heterogenität der Schüler_innengruppe von einem Monat bis über zwei Jahre. Die Mehrheit braucht dafür eine ca. einjährige Alphabetisierungsförderung. Ihre weitere schriftsprachliche Entwicklung verläuft auch nach der technischen Alphabetisierung meist verzögert. Zwar wird der Lernzuwachs von verschiedenen Faktoren beeinflusst, die betreffenden Schüler_innen benötigen für den Schriftspracherwerb jedoch durchschnittlich deutlich mehr Zeit und Unterstützung als die anderen Seiteneinsteiger_innen. Zusätzlich zur Belastung durch diesen meist langwierigen Lernprozess leiden manche betroffenen Schüler_innen zudem unter anderen Erschwernissen: Viele derjenigen ohne oder mit geringer Schulerfahrung sowie derjenigen mit Fluchterfahrung erleben einen besonders schwierigen Einstieg ins neue Schulleben. Für sie hat demzufolge eine intensive Betreuung von vertrauten Lehrkräften eine große Bedeutung. Die Alphabetisierungsförderung ist von hoher Betreuungsintensität geprägt. Besonders in der Frühphase, in der die Lernenden neue Laute und Buchstaben kennenlernen, wird eine enge Begleitung durch die Lehrkräfte benötigt. Für die Förderung müssen die Lehrkräfte über ausreichende Kompetenzen verfügen, um den individuellen Lernstand, -bedarf und -fähigkeit der Schüler_innen richtig einzuschätzen und daran orientiert ein genau passendes Lernangebot zu machen. Für diese Herausforderung der betroffenen Schüler_innen sowie die Anforderungen an die aufnehmenden Schulen sind die Rahmenbedingungen insgesamt mehr als mangelhaft. Die zu Alphabetisierenden werden häufig ohne richtige Ermittlung der schriftsprachlichen Fähigkeiten im Sprachförderunterricht zusammen mit vielen anderen Seiteneinsteiger_innen unterrichtet. Die zuständigen Sekundarstufenlehrkräfte, die zum Teil über keine fachlichen Vorkenntnisse verfügen, müssen sie ohne konzeptuelle Orientierung alphabetisieren. Trotz des bestehenden Lernbedarfs wird außerdem die Alphabetisierungsförderung sowie die schriftsprachliche Anschlussförderung von qualifizierten Lehrkräften spätestens nach zwei Jahren nicht mehr gewährleistet. Das ist für viele zu alphabetisierende und neu alphabetisierte Kinder und Jugendliche definitiv zu kurz. Aus dieser Gesamtlage heraus haben sich die Erweiterung der Maßnahmen, die Erstellung einer konzeptionellen Grundlage für die zweitsprachliche Alphabetisierung sowie die Lehrkräftequalifizierung als dringend erforderlich erwiesen. Darüber hinaus wurde aufgezeigt, dass der Systemaufbau im Fach Deutsch als Zweitsprache ein sinnvolles Entwicklungspotenzial darstellt.
Sexuelle Gewalt unter Jugendlichen stellt in Deutschland ein relevantes Phänomen dar, von dem auch Jugendliche betroffen sind, die in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe leben. Verschiedene Forschungsergebnisse verweisen darauf, dass sexuelle Gewalt und ihre Verhinderung eng mit der Geschlechtlichkeit der Akteure und ihren Vorstellungen von Sexualität verbunden sind. An diese Erkenntnisse knüpft die vorliegende Arbeit an und beschäftigt sich mit den Fragen, ob und wie Jungen aus der stationären Jugendhilfe über sexuelle Gewalt erzählen und welche Bedeutung Männlichkeiten dabei haben. Entsprechend werden subjektive Vorstellungen von Geschlecht, Sexualität und sexueller Gewalt in die Analyse miteinbezogen. Im Zuge eines qualitativ-rekonstruktiven Forschungsprozesses wurden bereits existierende Interviewdaten im Rahmen einer Sekundärnutzung in Anlehnung an das integrative Basisverfahren nach Kruse ausgewertet und die Ergebnisse der Fallanalysen auf der Grundlage von Rekonstruktionen und Kontrastierungen übergreifender zentraler Motive und Thematisierungsregeln zu vier analytischen Typen gebündelt, die unterschiedliche Erzählpositionen zu sexueller Gewalt darstellen. Hierbei beziehen sich die Auswertungen schwerpunktmäßig auf Erzählungen zurückliegender, sprachlich aufgearbeiteter sexueller Übergriffe, die als Erfahrungswissen zu sexueller Gewalt rekonstruiert wurden. Nach dem Typ »Der ehemals Übergriffe«, werden im Verlauf der Arbeit die Typen »Der intervenierende Bystander«, »Der nicht-intervenierende Bystander« und »Der Unerfahrene« kontrastiv ausgearbeitet. Aufbauend auf der Ergebnisdarstellung werden abschließend Folgerungen für eine mit Geschlechtervorstellungen arbeitende Soziale Arbeit im Kontext von Prävention sexueller Gewalt und sexueller Bildung sowie für weitere Forschung im Themenfeld abgeleitet
Der Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland zielt unter anderem darauf ab, Schüler*innen umfassend individuell in ihrer Entwicklung zu fördern. Aktuelle Untersuchungen verdeutlichen den Bedarf an weiterer Forschung, insbesondere zur Analyse individueller Entwicklungsverläufe und ihrer Zusammenhänge mit der Ganztagsschulteilnahme. Zwei bedeutende Schüler*innenmerkmale im Kontext von Leistung und Lernen sind das akademische Selbstkonzept und die Lernzielorientierung.
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des akademischen Selbstkonzepts und der Lernzielorientierung von Schüler*innen während der Sekundarstufe I an Ganztagsschulen, abhängig von ihrer Teilnahme am Ganztagsunterricht. Zudem werden differenzielle Entwicklungsverläufe beider Merkmale analysiert und Bedingungsfaktoren für positive Entwicklungsverläufe überprüft.
Die Ergebnisse verdeutlichen eine signifikante Abnahme sowohl des akademischen Selbstkonzepts als auch der Lernzielorientierung der Schüler*innen während der Sekundarstufe I. Es zeigt sich jedoch kein direkter Effekt der Teilnahme am Ganztagsunterricht auf diese Abnahme. Personenzentrierte Analysen ergeben unterschiedliche Entwicklungsverläufe für beide Merkmale, wobei nur vereinzelte Zusammenhänge zur Ganztagsteilnahme erkennbar sind. Die Ergebnisse legen jedoch nahe, dass die Qualität und Gestaltung der Ganztagsangebote von Bedeutung sind.
Die empirischen Befunde werden im Rahmen bestehender Theorien interpretiert und in die aktuelle Forschungslage eingebettet. Dabei werden auch praktische Implikationen abgeleitet und mögliche Auswirkungen auf die Forschung im Bereich der Ganztagsschulforschung diskutiert.
Marc Goldoni untersucht in der qualitativ-rekonstruktiven Studie Handlungsorientierungen von Praxisausbildenden der Sozialen Arbeit in der Schweiz zu ihrer Tätigkeit an der Schnittstelle von Hochschule und Praxis. Insbesondere der Zusammenhang von berufsbiografischen Aspekten, organisationalen Rahmenbedingungen und professionsspezifischen Diskursen wird dabei in den Fokus genommen. Der Autor entwickelt darauf aufbauend unterschiedliche Typen von Praxisausbildenden. Diese verstehen ihre Aufgabe in ihrer jeweils eigenen Logik. Es zeigen sich typenspezifische Ausprägungen wie und an welchen Problemgegenständen Reflexion betrieben wird und welche Herausforderungen dabei auftreten. Die auf Grundlage narrativ orientierter Einzelinterviews und mit der Dokumentarischen Methode rekonstruierten Ergebnisse geben einen vertieften Einblick in eine bisher wenig beleuchtete Praxis. Sie geben zudem wichtige Hinweise darauf, an welchen Punkten Weiterbildungsangebote von Hochschulen ansetzen können.
Soziale Unsicherheit. Auswirkungen ablehnender Rentenentscheide auf die Biographien von Betroffenen
(2023)
Die Transformation des Sozialstaats gemäss den Prinzipien der Aktivierung erfasste in der Schweiz zu Beginn des neuen Jahrtausends auch die Invalidenversicherung (IV) – jene Versicherung, welche u.a. zuständig ist für Renten bei langfristiger, krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit. Der Zugang zur Berentung wurde erschwert, wodurch die Zahl der Neuberentungen innert 10 Jahren auf die Hälfte zurückging. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen kommen dadurch vermehrt in die Situation, dass sie wegen Gesundheitsproblemen ganz oder teilweise aus der Erwerbsarbeit ausscheiden, dennoch aber keinen Anspruch haben auf Rentenzahlungen durch die IV. Im vorliegenden Dissertationsprojekt wurde anhand einer biographieanalytischen Interviewstudie der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen Rentenablehnungen durch die IV auf Betroffene haben. Die Analyse von 8 narrativ-biographischen Interviews zeigte, dass sich eine Rentenablehnung nicht auf alle gleich auswirkt. In Abhängigkeit der vorhandenen sozio-ökonomischen Ressourcen und der vorausgegangenen Lebensverläufe kann eine Nicht-Berentung zu einem sozialen Abstieg führen oder aber als «ausbleibende Entlastung» wirksam werden. Auf Ebene der biographischen Verarbeitung lassen sich Rentenablehnungen als eine Missachtungserfahrung beschreiben, welche das Vertrauen in den Sozialstaat erschüttert und die Identität der Betroffenen beschädigt.
Lesson Study ist ein forschender Zugang zur (Weiter-)Entwicklung von Lehr- und Unterrichtskompetenzen und zugleich ein Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. In den letzten beiden Jahrzehnten hat das internationale Interesse an Lesson Study eine Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationen hervorgebraucht, die jedoch oft sehr unterschiedliche Forschungsziele und bildungskontextuelle Rahmenbedingungen haben. Darüber hinaus werden in den Publikationen diverse Varianten von Lesson Study verwendet. Dies stellt sowohl Forschende als auch Praktiker/-innen vor besondere Herausforderungen, wenn sie einen Überblick über die Erkenntnisse gewinnen wollen. Die Erkenntnisse sind oft nur im Kontext der jeweiligen spezifischen Umstände und Voraussetzungen zu verstehen. Dennoch ist es zentral, dass die aktuelle und künftige Forschung sowie die Praxis an die zahlreich vorhandenen Forschungsergebnisse anknüpfen können.
Diese Forschungsarbeit untersucht wissenschaftliche Publikationen und die Frage, inwiefern sowohl Ziele als auch Prozesse des professionellen Lernens mit Lesson Study auf die Weiterentwicklung von Professionalität ausgerichtet sind. Die Arbeit orientiert sich an den methodischen Vorgehen einer systematischen Review und arbeitet inhaltsanalytisch Lernergebnisse und Aspekte des Lernen mit dem Ansatz heraus.
Es kann aufgezeigt werden, dass sich Lehrpersonen mit dem Ansatz vielfältige professionelle Kompetenzen erwerben können. Allerdings hängt der Erfolg des Kompetenzerwerbs von einer Reihe an Voraussetzungen ab. Diese Voraussetzungen können gestaltet werden, sofern sie von den Implementierenden in den Fokus gerückt werden. Es ist wichtig, nicht nur prozessbezogene und qualitätsbezogene Aspekte des Ansatzes zu beachten und zu gestalten, sondern auch die zahlreichen Voraussetzungen für das professionelle Lernen von Seiten des Schulkontextes und möglicherweise darüber hinaus zu berücksichtigen. Mit Lesson Study können Lehrpersonen ihre professionellen Kompetenzen weiterentwickeln und gleichzeitig einen Beitrag zur Reflexion und theoriebezogenen Rekonstruktion (implizit) kollektiver Wissensbestände der Community of Practice beitragen. Auf diese Weise kann die Schule transformiert werden, unter Berücksichtigung relevanter Aspekte.
Kann eine mehrsprachige Ausbildung von angehenden Fremdsprachenlehrkräften die sprachlichen Kompetenzen fördern? Werden Sprachvergleiche als lernförderlich wahrgenommen? Wie wirken sich eigene Lernerfahrungen auf die Einstellungen und Handlungsdispositionen aus? Eva Nelz untersucht dies im Rahmen einer experimentellen Studie zur Wirksamkeit einer mehrsprachigen Lerngelegenheit, die im Rahmen des Promotionskollegs CURIOUS der School of Education FACE entstanden ist.
Visualisierungen finden in den unterschiedlichsten Lehr-Lernkontexten Anwendung, in der Annahme Lernfortschritte unterstützen zu können. Das vorliegende Forschungsprojekt widmete sich der empirischen Untersuchung der Kompetenzstruktur von Visualisierungskompetenz am Beispiel des Faches Mathematik. Es wurden außerdem dimensionsabhängige Kompetenzabstufungen entwickelt und anhand von IRT-Modellierungen untersucht.
Hintergrund
Bei der vorliegenden kumulativen Dissertation handelt es sich um eine Interventionsforschung. Als solche ist sie eingebunden in ein innovatives, interprofessionelles Schmerzrehabilitationsprogramm, an welchem die Klinische Soziale Arbeit massgeblich beteiligt ist. Dieses Programm, das Berner ambulante interprofessionelle Rehabilitationsprogramm für Menschen mit chronischen Schmerzen (BAI), steht exemplarisch für die Rehabilitation als wichtiges Arbeitsfeld der Klinischen Sozialen Arbeit. Im Manteltext, der die vier unabhängigen Studien in einen thematischen und methodischen Zusammenhang einordnet, wird entsprechend in die Klinische Soziale Arbeit und in das der Arbeit zugrundeliegende Verständnis von Gesundheit, Evidenzbasierung und Arbeitsfähigkeit eingeführt, bevor das Phänomen chronischer Schmerz und das Berner Ambulante Interprofessionelle Rehabilitationsprogramm für Menschen mit chronischen Schmerzen (BAI) sowie die Evaluation komplexer Programme besprochen werden.
Ziele
Ziel der Dissertation ist es, einen Beitrag an die Evidenzbasierung der Klinischen Sozialen Arbeit und damit an die Verankerung der Profession im Gesundheitswesen zu leisten. Dadurch sollen Menschen, die von chronischen Schmerzen betroffen sind, zukünftig noch besser behandelt, ihre Teilhabemöglichkeiten (z.B. am Lebensbereich Arbeit) erweitert und ihre Fähigkeit zur gelingenderen Lebensführung bei chronischem Schmerz verbessert werden. Dazu wird in dieser Dissertation erstens die Frage nach Möglichkeiten der interventions- und gegenstandsangemessenen Erfassung von Arbeitsfähigkeit geklärt und zweitens die Bedeutung sozialer Kontextfaktoren für die Arbeitsfähigkeit bei chronischen Schmerzen untersucht.
Studie I beantwortet die Frage, welche existierenden deutschsprachigen Assessments zur Erfassung der Arbeitsfähigkeit bei Klientinnen und Klienten mit chronischen Erkrankungen zu validen Resultaten führen und praktikabel sind. Studie II untersucht die Frage, bei welchen Items eines bestimmten Instruments zur Erfassung der Arbeitsfähigkeit (dem iPCQ) Patient*innen in der deutschsprachigen Schweiz Probleme haben die Fragen, Erläuterungen und Anweisungen im intendierten Sinne zu verstehen, die für die Beantwortung der Items nötigen Informationen im Gedächtnis abzurufen, sich für eine Antwort zu entscheiden und zu antworten. Zudem untersucht sie, welcher Art die Probleme sind und was zu deren Behebung beitragen könnte. Studie III beantwortet die Frage, welche Kontextfaktoren sich aus der Perspektive von Menschen mit chronischen, muskuloskelettalen Schmerzen, die an einem interprofessionellen Rehabilitationsprogramm teilnehmen, auf eine Veränderung ihrer Arbeitsfähigkeit auswirken und wie es dazu kommt.
Studie IV untersucht schlussendlich, welche inklusions- und teilhabebezogenen sozialen Faktoren bei Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden mit Produktivitätsverlust assoziiert sind.
Methoden
Diese Dissertation besteht aus vier methodisch eigenständigen Studien. Studie I ist eine systematische Literaturrecherche, bei der acht Datenbanken (Medline, CINAHL, PsycInfo, Cochrane HTA, DARE, CCMed, Sowiport und BASE) durchsucht wurden. Dabei wurden folgende Suchbegriffe verwendet: Assessment, Chronische Erkrankung, Arbeitsfähigkeit, Validität und Praktikabilität. Die dadurch gefundene Literatur wurde anhand inhaltlicher und qualitativer Kriterien überprüft und in die Studie ein- oder von ihr ausgeschlossen. Studie II ist eine qualitative Validierungsstudie. Im Rahmen dieser Studie haben wir kognitive Interviews mit Menschen mit chronischen Krankheiten und mit Fachpersonen durchgeführt und basierend auf der Framework-Methode analysiert. Studie III ist eine Realist Impact Evaluation, für welche problemzentrierte Interviews mit acht ehemaligen BAIAbsolvent* innen durchgeführt und mittels inhaltlich strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet wurden. Studie IV ist eine hierarchische Regressionsanalyse. Abhängige Variable war der Produktivitätsverlust gemessen mit dem iPCQ, unabhängige Variablen waren die Schmerzstärke sowie demographische und soziale Kontextfaktoren, die im Schmerzregister der Klinik erhoben werden.
Resultate
Studie I zeigte, dass grundsätzlich validierte und praktikable Instrumente zur Erhebung von Arbeitsfähigkeit in der Klinischen Sozialen Arbeit und der interprofessionellen Praxis und Forschung zur Verfügung stehen, dass aber im spezifischen Kontext sorgfältig geprüft werden muss, welches Instrument sich für die jeweiligen Ziele, Ansprüche, Klient*innengruppen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen eignet und dass für einige der Instrumente weiterer Bedarf besteht, die verschiedenen Quellen der Validität für die Nutzung in einem bestimmten Kontext zu überprüfen.
Mit Studie II konnten die in der Forschungspraxis festgestellten Probleme bei der Nutzung des iPCQ in Bezug auf das Verständnis von Fragen und Anweisungen, den Abruf von Informationen aus dem
Gedächtnis, den Entscheidungsprozess und das Konstrukt bestätigt, neu aufgedeckt und erklärt werden. Sie können helfen, den iPCQ weiterzuentwickeln für die Nutzung bei Menschen mit chronischen
Erkrankungen und weitere Schritte zur Unterstützung der Validität der deutschen Version des iPCQ einzuleiten.
Die Resultate von Studie III können helfen, das komplexe Wechselwirkungsgeschehen zwischen sozialen Kontextfaktoren, Mechanismen und der Fähigkeit, nach einer Rehabilitation trotz Schmerzen am Lebensbereich Arbeit zu partizipieren, besser zu verstehen und Schmerzrehabilitationsprogramme darauf aufbauend weiterzuentwickeln. Die Studie hat gezeigt, dass soziale Kontextfaktoren und damit in Verbindung stehende Mechanismen die erreichbaren Outcomes eines komplexen, interprofessionellen Rehabilitationsprogramms nicht nur während der Intervention, sondern bereits vor Antritt und insbesondere auch in der Phase unmittelbar nach Ende der Intervention stark beeinflussen können.
Studie IV hat gezeigt, dass teilhabebezogene soziale Kontextfaktoren auch in unserem konkreten Sample von Menschen, die von chronischen Schmerzen betroffen sind in einem Zusammenhang stehen mit der Arbeitsfähigkeit.
Diskussion
Die Resultate der Studien I und II ergänzen die Resultate anderer Validierungsstudien zum iPCQ, indem sie insbesondere die Validitätsquellen «Antwortprozesse» und «Konsequenzen der Testung» für die Nutzung des iPCQ bei Menschen mit chronischen Krankheiten in der Schweiz und im deutschsprachigen Raum abdecken. Sie legen die Grundlage dafür, dass die Validität des Fragebogens weiter verbessert werden kann. Die aus den Ergebnissen abgeleiteten Vorschläge an die Entwickler*innen sind jedoch nicht als finale Empfehlungen, sondern als erster Schritt hin zu einer validierten deutschsprachigen Version des iPCQ für den Einsatz bei Menschen mit chronischen Krankheiten zu verstehen. Als nächstes kann nun eine sprachkompetente und -sensible Übersetzung des niederländischen Originalfragebogens ins Deutsche erfolgen. Ein weiterer Schritt kann dann in Anlehnung an Beatons Empfehlungen für transkulturelle Übersetzungen von Erhebungsinstrumenten (cross-cultural translations) die kritische Diskussion der Übersetzung in einer Expert*innengruppe sein, um die unterschiedlichen Versionen zu konsolidieren. Studie III hat generell bestätigt, dass chronischer Schmerz die für die Lebensführung zur Verfügung stehenden Gesamtressourcen eines Menschen derart einschränken kann, dass die Gefahr besteht, dass einige Lebensbereiche nicht mehr aktiv gestaltet oder gepflegt werden können. Der Wegfall dieser (oftmals regenerativen) Lebensbereiche kann zu einer Disbalance der gesamten Lebensführung führen, welche auch die Teilhabefähigkeit an (re)produktiven Lebensbereichen wie dem Lebensbereich Arbeit und Beschäftigung bedroht. Mit den Resultaten der Studien III und IV wurde bestätigt, dass der chronische Schmerz auch als soziales Phänomen zu begreifen, zu beschreiben und schlussendlich zu behandeln ist. Es hat sich gezeigt, dass chronischer Schmerz ein eigentlicher «Teilhabezerstörer» ist. Am chronischen Schmerz wird die Bedeutung der sozialen Dimension des biopsychosozialen Verständnisses von Gesundheit und Krankheit für das Individuum und die Gesellschaft deutlich.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit der Entwicklung und Validierung eines Instruments zur mehrdimensionalen Erfassung von Selbstwirksamkeitserwartungen berufstätiger Lehrkräfte. Als Anforderungsbereiche werden fokussiert: 1) Schule und Unterricht allgemein; 2) Inklusiver Unterricht; 3) Integration von geflüchteten Kindern in die Klasse. Aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass die eigenen Erwartungen an das Selbst eine erhebliche Rolle für die tatsächlichen Handlungen und Leistungen spielen können, ist die messgenaue, valide und differenzierte Erfassung der Selbstwirksamkeitserwartung von sehr hoher Bedeutung. Jedoch gab es für den deutschen Sprachraum bislang keine multidimensionalen Instrumente, die eine hinreichend differenzierte Messung unterschiedlicher Facetten der Lehrer-Selbstwirksamkeitserwartung in unterschiedlichen Anforderungsbereichen zulassen. Ein solch differenziertes Messinstrument birgt einen sehr hohen Nutzungswert. Zum Beispiel nützt es der empirischen Forschung (z. B. können Zusammenhänge mit anderen Konstrukten je nach Selbstwirksamkeitsfacette variieren) und hat Implikationen für die Praxis (z. B. ermöglicht eine differenziertere Diagnostik individuell zugeschnittene Fördermaßnahmen).
Eine Prä-Pilotierung (N = 216) an Lehramtsstudierenden und eine Pilotierung an berufstätigen Lehrkräften (N = 213) wurde zur ersten Fragebogenreduzierung und -validierung durchgeführt. Im Längsschnitt wurden zusätzlich Daten von berufstätigen Lehrkräften (N1.Messzeitpunkt = 621; N2.Messzeitpunkt = 275; NGesamt = 242) erhoben und ausgewertet. Es zeigen sich reliable multidimensionale Faktorenstrukturen, die sich klar interpretieren lassen. Auch zeigen sich durch den Einsatz zusätzlicher Skalen eindeutige Hinweise auf Konstruktvalidität. Das Instrument kann dementsprechend für forschungs- und praxisbezogene Zwecke eingesetzt werden. Aufgrund dessen wurden weitere Auswertungen vorgenommen, welche Zusammenhangs- und Unterschiedshypothesen umfassen. So zeigte sich beispielsweise, dass insbesondere Lehrkräfte der Förderschulen eine höhere Selbstwirksamkeit im Unterrichten von beeinträchtigten und geflüchteten Schülerinnen und Schülern im Vergleich zu Lehrkräften verschiedener anderer Schultypen verspüren. Zusätzlich wurden (kausale) Zusammenhänge, die Faktorenstruktur und die Messinvarianz der Selbstwirksamkeitserwartung anhand der erfassten Daten genauer untersucht und verschiedene (hierarchische) Modelle miteinander verglichen.
In dieser Arbeit werden die Effekte zweier Interventionen berichtet, die die Förderung von zwei wesentlichen Aspekten des Lernens bei Schülerinnen und Schülern bzw. Lehramtsstudierenden in naturwissenschaftlichen Kontexten untersuchen.
Insbesondere in den Naturwissenschaften werden bei Schülern oft Lernschwierigkeiten festgestellt, deren Ursache häufig Fehlvorstellungen sind. In einer Interventionsstudie im Kontrollgruppendesign wurde untersucht, wie sich eine Unterrichtseinheit, in der empirisch erhobene Schülervorstellungen intensiv berücksichtigt werden, auf die Zufriedenheit mit dem Gelernten und die Beschäftigung mit den eigenen Vorstellungen sowie den Lernerfolg und die Veränderung der Wissensstrukturen von Schülern der achten Klasse Realschule auswirkt. Mit Hilfe von Prä-, Post- und Follow-up-Tests wurden die psychometrischen Daten sowie die Schülervorstellungen erhoben und Concept Maps erstellt.
In der Auswertung zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Lernzufriedenheit zwischen Experimental- und Kontrollgruppe. Die Concept Maps wurden für jeweils eine Klasse ausgewertet und wiesen im Follow-up-Test in strukturellen Parametern hochsignifikante Unterschiede zwischen den Gruppen auf.
In der quasi-experimentellen Prä-Post-Follow-up-Studie „SysThema“ wurden die Effekte von Seminaren, die sich in der fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Ausrichtung unterscheiden, auf das systemische Denken von Lehramtsstudierenden untersucht. Hierfür wurde ein Messinstrument zur Erfassung systemischen Denkens bei Lehramtsstudierenden entwickelt, das in der Interventionsstudie SysThema mit dem Ziel eingesetzt wurde, die Effekte fachwissenschaftlich und fachdidaktisch unterschiedlich ausgerichteter Seminare auf die Fähigkeit systemischen Denkens bei Lehramtsstudierenden zu untersuchen. Die Kenndaten des Messinstruments zur Erfassung systemischen Denkens zeigen, dass es gelungen ist, wichtige Teilfähigkeiten systemischen Denkens in ökologischen Kontexten bei Lehramtsstudierenden mit einem objektiven, validen und zeitlich gut zu bearbeitenden (bis 60 Minuten) Messinstrument zu erfassen.
Die Testergebnisse nach der Intervention zeigen, dass systemisches Denken bei Lehramtsstudierenden der Biologie und Geographie sowohl in Lehrveranstaltungen mit fachwissenschaftlichen Inhalt als auch in Lehrveranstaltungen mit überwiegend fachdidaktischem Schwerpunkt gefördert werden kann.
Die vorliegende Forschungsarbeit verfolgt ein dreifaches Ziel: Sie will erstens einen relevanten Beitrag zur Theoriebildung leisten. Sie will zweitens Fachpersonen, die mit Jugendlichen arbeiten, auf das Thema sensibilisieren. Und sie will schliesslich für die Entwicklung von multiperspektivischen Präventions- und Interventionsstrategien zur Verminderung homonegativen Verhaltens bei Jugendlichen eine fundierte Grundlage liefern. Zwei Fragen stehen dabei im Zentrum: Einerseits interessierte, wie stark ausgeprägt bei heterosexuellen Jugendlichen des 8. und 9. Schuljahres aus der Deutschschweiz homonegatives Verhalten gegenüber schwulen Männern ist; anderseits wurde anhand eines komplexen multifaktoriellen Modells überprüft, welche Faktoren einen Effekt auf homonegatives Verhalten haben.
Bei der Entwicklung des multifaktoriellen theoretischen Modells wurden sowohl sozialpsychologische also auch soziologische Theorien zu sozialer Diskriminierung berücksichtigt. Aus den komplexen Prozessen sozialer Zusammenhänge wurden für die quantitative Untersuchung mehrere Faktoren abgeleitet. Das entwickelte theoretische Modell besteht aus den drei Kriteriumsvariablen «direktes homonegatives Verhalten», «indirektes homonegatives Verhalten» und «negatives Verhalten gegenüber Gendernonkonformität», aus zwölf Faktoren der Individualebene, sechs Faktoren der Kontextebene und sechs Kontrollvariablen. Für die Operationalisierung homonegativen Verhaltens wurde ein breites Spektrum an direkten und indirekten Verhaltensweisen berücksichtigt.
In die Analysen einbezogen wurden 2210 Jugendliche aus 151 Schulklassen in 30 Schulen aus 11 Kantonen. Für die Befragung wurde ein standardisierter Fragebogen auf Papier entwickelt. Neben uni- und bivariaten Analysen wurden die insgesamt 69 Zusammenhangshypothesen mit einem Verfahren der Strukturgleichungsanalyse unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen überprüft.
Aus den Ergebnissen geht hervor, dass sich jede*r vierte teilnehmende Jugendliche in den 12 Monaten vor der Befragung gegenüber mindestens einer Person negativ verhalten hat, weil diese Person schwul ist oder weil angenommen wurde, dass sie schwul sei. Fast die Hälfte der Teilnehmer*innen zeigte negatives Verhalten gegenüber Gendernonkonformität bei Jungen. Indirektes homonegatives Verhalten ist bei den befragten Jugendlichen noch stärker ausgeprägt. Über drei Viertel der Befragten legten mindestens einmal in den 12 Monaten vor der Befragung eine indirekte homonegative Verhaltensweise an den Tag, die als homonegative Mikroaggression eingestuft werden kann.
Das aus der Pfadanalyse entstandene Erklärungsmodell für homonegatives Verhalten bei Jugendlichen besteht aus den folgenden sieben Faktoren der individuellen Ebene: «negative kognitive Einstellungen gegenüber schwulen Männern», «aggressives Verhalten gegenüber Peers», «Religiosität», «soziale Dominanzorientierung», «Wichtigkeit der eigenen sexuellen Orientierung», «Einstellung zu traditioneller Männlichkeit» und «Empathie», und aus den folgenden vier Faktoren der kontextuellen Ebene: «Erwartungen der Eltern», «Erwartungen der besten Freund*innen», «homonegatives Schulklima» und «Normen des Respekts im Klassenzimmer». Hinzu kommen signifikante Effekte der Kontrollvariablen «Geschlecht (männlich)» und «Migrationshintergrund (Südosteuropa, Vorder- und Zentralasien oder Afrika)».
Die Ergebnisse der vorliegenden Forschungsarbeit machen deutlich, dass mit Blick auf das homonegative Verhalten bei Jugendlichen dringender Handlungsbedarf besteht. Das komplexe multifaktorielle Erklärungsmodell leistet einen wichtigen Beitrag zur Erklärung solchen Verhaltens. Orientiert an der Interventionsforschung, bildet das Modell mit den festgestellten elf Risikofaktoren eine fundierte Problemtheorie, die für die Entwicklung von wirksamen Präventions- und Interventionsstrategien und von konkreten Massnahmen zur Verminderung von direkten und indirekten homonegativen Verhaltensweisen unter Jugendlichen grundlegend ist.
Bei der Einschätzung von Aufgabenschwierigkeit müssen Lehrkräfte relevante Aufgabenmerkmale wahrnehmen, interpretieren und zu einem abschließenden Urteil integrieren. Diese der Aufgabendiagnose zugrundeliegenden kognitiven Prozesse wurden bisher zwar theoretisch angenommen, allerdings nur selten systematisch untersucht. Die Dissertation setzt sich auch unterschiedlichen experimentellen Studien zusammen, in denen personale Merkmale der beurteilenden Lehrkräfte (PCK, Berufserfahrung) und das situative Merkmal der vorhandenen Urteilszeit systematisch variiert wurden, um deren Einfluss auf die Urteilsprozesse zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Interpretation und die Integration der Aufgabenmerkmale wissensbasierte Urteilsprozesse sind, dass Berufserfahrung die akkurate Anwendung von vermitteltem Wissen selbst unter Zeitdruck ermöglicht und dass die vorhandene Urteilszeit ausschließlich den komplexen Prozess der Informationsintegration beeinflusst.
Normativ geprägte bildungspolitische Inklusionsdiskurse fordern im Zuge der UN-Behindertenrechtskonvention (Vereinte Nationen, 2006) Zugang für alle Schülerinnen und Schüler zu einem inklusiven Bildungssystem. Damit einher geht der Anspruch an Lehrerinnen- und Lehrerbildungsinstitutionen, in ihren Curricula Angebote zum Aufbau inklusionspädagogischer Kompetenzen bereitzustellen. In Studien der inklusionsorientierten Einstellungsforschung ist die Annahme dokumentiert, dass positive Einstellungen gegenüber der Inklusion Prädiktoren für inklusionspädagogische Praktiken im Schulfeld sind. Unabhängig davon zeigen Befunde der praxeologischen Inklusionsforschung sich überlagernde inkludierende und exkludierende Formen der Differenzkonstruktion in schulischen Milieus. In dieser Arbeit wurden vier Typen inklusionsbezogener Orientierungen von Lehramtsstudierenden rekonstruiert. Empirische Datenbasis bildeten Gruppendiskussionen mit Studierenden der Primar- und Kindergartenstufe in ihrem letzten Ausbildungssemester an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Die Typen unterscheiden sich in Bezug auf ihre inkludierenden und exkludierenden Bezugnahmen in den Dimensionen Differenzkonstruktion und Inklusionsbezogene Konstruktion von Schulwirklichkeit. Zwei der Typen können im Anschluss an die Programmatik inklusiver Bildung als im Grundsatz inkludierend bezeichnet werden, einer als exkludierend, sowie einer als dilemmatisch. In der Überlagerung einer dynamischen Differenzkonstruktion, die ihren Ausgangspunkt in Situationsmerkmalen und deren Einschätzung entlang des Kontinuums von Funktionalität und Dysfunktionalität nimmt, und einer grundsätzlichen Entwicklungsoffenheit manifestieren sich die inkludierenden Typen in einem Ungleichheiten ausgleichenden Sinn. Demgegenüber konstruiert der exkludierende Typus eine stabile Differenz, die ebenso stabil entlang einer angenommenen Komplementarität der Teilsysteme Regel- und Sonderschule unter Erhalt von Ungleichheiten verläuft. Der dilemmatische Typus sieht sich dem Inklusionsgebot gegenüber zwar verpflichtet, schätzt aber die Wahrscheinlichkeit, dieses einlösen zu können, als gering ein, da er die strukturellen Rahmenbedingungen stabil exkludierend wahrnimmt. Für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung ergeben sich aus der rekonstruierten Typologie zwei Implikationen: Eine Bewusstseinsbildung im Kontext sozialer Ungleichheiten, die über die Auseinandersetzung mit sozialethischen Anerkennungstheorien und egalitärer Bildungsgerechtigkeit zur Irritation und Transformation stabiler Differenzkonstruktionen beiträgt, und eine reflexive Fallarbeit zur Erfassung von Situationsmerkmalen und Überprüfung der Funktionalität bzw. Dysfunktionalität von Lernsituationen.
In dieser empirischen Studie wird bei angehenden Lehrkräften der Primarstufe (n =241) anhand von Themen des Sachunterrichts aus den Domänen Wirtschaft (Preisbildung, Funktion von Banken) und Physik (Licht und Schatten, Hebel) untersucht, ob bzw. inwieweit ein Transfer themenbezogener diagnostischer Kompetenz als Facette des pedagogical content knowledge erfolgt. Die Ergebnisse der Interventionsstudie zeigen, dass unter näher zu bestimmenden Voraussetzungen ein Transfer von PCK erfolgen kann.
"Unsere größte Herausforderung im 21. Jahrhundert ist es, die einstweilen noch abstrakt erscheinende Idee einer nachhaltigen Entwicklung zur Realität für alle Menschen dieser Erde zu machen". Kofi Annan – ehemaliger UN-Generalsekretär (Deutsche UNESCO-Kommission e.V., 2006).
Diese (abstrakte) Idee der nachhaltigen Entwicklung (NE) erfährt aktuell, mit Blick auf die sich verschärfenden globalen Probleme und Krisen, neuen Rückenwind und eine breite Akzeptanz in der Gesellschaft. Bereits einige Jahrzehnte vorher führten globale Umweltprobleme zu zahlreichen Versuchen, Prinzipien der Nachhaltigkeit
festzuschreiben. Insbesondere ab den frühen 70er Jahren konnten für die Umweltpolitik wegweisende Entwicklungen beobachtet werden.
Die Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen in Stockholm (1972) und die Brundtland-Kommission und deren daraus resultierende Berichte (1987) beinhalten die ersten Versuche einer modernen Definition des Begriffs der NE. Trotz der zahlreichen Ansätze, die es heutzutage gibt, um Nachhaltigkeit und NE zu definieren, kann die definitorische Formulierung des Brundtland-Bericht, „Our Common Future“, als eine der universellsten und gebräuchlichsten genannt werden. Sie beschreibt die NE als eine „Entwicklung,die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu gefährden, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können (World Commission on Environment and Development, 1987, S. 41). Doch inwieweit gelang es die Idee der NE vom Papier in die Praxis umzusetzen?
Bereits bei der 1992 stattfindenden UN Konferenz über Umwelt und Entwicklung hielt die damals zwölfjährige Severn Suzuki eine Rede (Cullis-Suzuki, 1992), die in weiten Zügen an die Botschaften der aktuell weitaus bekannteren Greta Thunberg erinnern. Welche Entwicklungsschritte konnten in der Zeit zwischen den beiden Appellen der „jungen Generation“ an die Entscheidungsträger:innen in dieser Welt gegangen werden und wo gibt es weiterhin noch großes Handlungspotential?
Um diese sehr globalen und dennoch bedeutsamen Fragen beantworten zu können, bedarf es der genaueren Analyse der jeweiligen nationalen und lokalen Umsetzungen der geforderten Maßnahmen.
Hierfür müssen die zu beurteilenden Analysebereiche auf ihre jeweiligen Teilbereiche heruntergebrochen werden, um Aussagen über die jeweilige Implementierung der Maßnahme treffen zu können.
Im Fokus der kumulativen Dissertationsschrift steht das unterrichtsbegleitende Diagnostizieren von Schüler*innenvorstellungen als wesentliche Komponente individueller Förderung von Schüler*innen im Fachunterricht. Genauer wird der Frage nachgegangen, wie (angehende) Lehrkräfte bei der Aneignung von Fertigkeiten zur Diagnose unterstützt werden können. Exemplarisch wurden als Diagnosegegenstand verschiedene Arten ökologischer Schüler*innenvorstellungen ausgewählt, die sowohl allgemein im Sachunterricht bzw. Biologieunterricht als auch im Kontext einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) von wesentlicher Bedeutung sind.