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Diagnostisches Urteilen als informationsverarbeitender Prozess – Wie nutzen Lehrkräfte ihr Wissen bei der Identifizierung und Gewichtung von Anforderungen in Aufgaben?

  • Bei der Auswahl von Aufgaben für einen adaptiven Unterricht schätzen Lehrkräfte deren fachliche Anforderungen ein. Im Rahmen eines Modells der Informationsverarbeitung wird angenommen, dass bei solchen diagnostischen Urteilen über Aufgaben auf Basis fachdidaktischen Wissens schwierigkeitsgenerierende Merkmale identifiziert und diese hinsichtlich ihres Einflusses auf die Aufgabenschwierigkeit gewichtet werden. Dabei erfolgt die Verarbeitung von Oberflächen- und Tiefenmerkmalen unterschiedlich schnell und ist daher abhängig von der verfügbaren Zeit. Anliegen der Studie ist es, diese Annahmen über die kognitiven Prozesse bei der Urteilsbildung zu prüfen, indem Aufgabenmerkmale systematisch variiert und fachdidaktisches Wissen als Personenmerkmal sowie Zeitdruck als Situationsmerkmal experimentell variiert werden. Zur Prüfung der Modellannahmen werden bei Lehramtsstudierenden (N = 175) zwei Bedingungen verglichen: Einer Experimentalgruppe wird spezifisches fachdidaktisches Wissen über schwierigkeitsgenerierende Aufgabenmerkmale vermittelt. Ihre aufgabendiagnostischen Urteile werden durch paarweise Schwierigkeitsvergleiche erfasst und mit einer Kontrollgruppe verglichen – jeweils mit hoher und mit geringer Zeitrestriktion. Es zeigt sich, dass fachdidaktisches Wissen dazu führt, dass schwierigkeitsgenerierende Aufgabenmerkmale signifikant besser identifiziert und gewichtet werden, Zeitdruck hingegen hat signifikant negative Auswirkungen auf die Urteilsgüte. Die beschriebene Merkmalsvariation schlägt sich demnach hypothesenkonform in der Urteilsakkuratheit nieder, wobei die Prozesse der Identifizierung und der Gewichtung von schwierigkeitsgenerierenden Aufgabenmerkmalen unterschieden werden. Diese Ergebnisse erlauben Rückschlüsse auf die Bedeutung von spezifischem fachdidaktischem Wissen für diagnostische Urteile und geben damit Impulse für die Lehrkräfteaus- und -fortbildung. Die Unterscheidung der kognitiven Prozesse beim Einschätzen von Aufgabenschwierigkeit mit und ohne Zeitdruck legt nahe, dass sich Lehrkräfte hierüber während der Unterrichtsplanung (ohne Zeitdruck) und im Unterrichtsgeschehen (mit Zeitdruck) bewusst sein sollten, um reflektiert damit umgehen zu können.

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Metadaten
Author:Andreas RieuORCiD, Katharina LoiblORCiD, Timo LeudersORCiD, Stephanie Herppich
URN:urn:nbn:de:bsz:frei129-opus4-20363
DOI:https://doi.org/10.1007/s42010-020-00071-x
ISSN:0340-4099
ISSN:2520-873X
Parent Title (German):Unterrichtswissenschaft
Publisher:Springer Fachmedien Wiesbaden
Document Type:Article
Language:German
Date of first Publication:2020/12/01
Release Date:2023/05/25
Tag:Assessment methods and tools; Aufgabenmerkmale; Aufgabenschwierigkeit; Diagnostische Kompetenz; Judgment processes; Mathematics task difficulty; Task features; Urteilsprozesse
GND Keyword:-
Volume:48
Issue:4
First Page:503
Last Page:529
Open Access:Frei zugänglich
Licence (German):License LogoCreative Commons - CC BY - Namensnennung 4.0 International