@phdthesis{Joos2020, author = {Tobias Alexander Joos}, title = {F{\"o}rderung diagnostischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden - Evidenzbasierte Entwicklung, Durchf{\"u}hrung und Evaluation einer Intervention f{\"u}r Lehramtsstudierende des Fachs Biologie}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:frei129-opus4-8207}, pages = {289}, year = {2020}, abstract = {Die Themen der Diagnose und F{\"o}rderung nehmen bei der Planung, Durchf{\"u}hrung und Reflexion von Unterricht eine hohe Bedeutung ein. Bereits f{\"u}r das Lehramtsstudium schreiben KMK-Standards zum Beispiel die Besch{\"a}ftigung mit Grundlagen der Lernprozessdiagnostik vor. Jedoch erscheinen Lehrveranstaltungen, die Studierende auf sp{\"a}tere Diagnose- und F{\"o}rderaufgaben vorbereiten, bislang unzureichend in die Lehramtsausbildung implementiert. Wissenschaftlich evaluierte Ans{\"a}tze zur F{\"o}rderung diagnostischer Kompetenzen gelten als Forschungsdesiderat, evidenzbasierte Lehre zu diesem Aspekt p{\"a}dagogischer Professionalit{\"a}t als ausbauf{\"a}hig. F{\"u}r die universit{\"a}re Ausbildung werden Instruktionsstrategien empfohlen, die neben theoretischem Wissen {\"u}ber Diagnostik auch das K{\"o}nnen der Studierenden f{\"o}rdern. Ziel der in dieser Arbeit vorgestellten, evaluierten Intervention ist der Erwerb diagnostischer Kompetenzen anhand von Lernaufgaben, die im Unterricht sowohl zur Diagnose fachlicher Lernprozesse als auch zur individuellen F{\"o}rderung eingesetzt werden k{\"o}nnen. Die biologiedidaktische Intervention ber{\"u}cksichtigt zur Vorbereitung auf sp{\"a}tere Diagnose- und F{\"o}rderaktivit{\"a}ten im Fach Biologie drei Wissensbereiche: Der Umgang mit Lernaufgaben erfordert einerseits fachdidaktisches Wissen und K{\"o}nnen (1), wenn es um die Auswahl, Bewertung und Konzeption geeigneter Diagnose- und F{\"o}rderaufgaben geht. Um Lernaufgaben als Erhebungsinstrumente in einen systematischen, diagnostischen Prozess einbetten zu k{\"o}nnen, ist andererseits grundlegendes, diagnostisches Wissen (2) erforderlich. Die Analyse von Sch{\"u}lerl{\"o}sungen greift zuletzt auf Fachwissen (3) zur{\"u}ck, welches zugleich Grundlage f{\"u}r die Planung von F{\"o}rderma{\"s}nahmen ist. Die theorie- und evidenzbasierte Entwicklung der Intervention folgt den Arbeitsschritten der kompetenzorientierten Studiengangsentwicklung (Schaper, 2012) und bezieht die Erkenntnisse zweier Vorstudien mit ein. Die erste Vorstudie erhebt im Rahmen einer Bedarfsanalyse das Vorwissen zu p{\"a}dagogischer Diagnostik. Im Vordergrund standen erlebte Lerngelegenheiten zu den oben genannten Wissensbereichen. Auf Grundlage der Forschungsfrage „Welche Einstellungen und Haltungen werden von Lehramtsstudierenden auf Grund ihrer Erfahrungen gegen{\"u}ber der diagnostischen Kompetenz vertreten?“ wurden Lehramtsstudierende (n=12) des Fachs Biologie kurz vor ihrem Examen befragt. Durch fokussierte Gruppeninterviews und inhaltsanalytische Aufbereitung des Materials konnte die Vermutung, dass auch bisherige Lehramtsstudierende am Ausbildungsstandort Freiburg von mangelnden Lernangeboten betroffen sind, best{\"a}tigt werden. Das erhaltene Material wurde in Kategorien zusammengefasst und zu zwei Haltungen, die f{\"u}r die Passung von Lerninhalten und –aktivit{\"a}ten relevant sind, verdichtet. Demnach kann eine aufgeschlossene Haltung zur positiven Aufnahme der Intervention beitragen, wenn die diagnostische Kompetenz als notwendige Qualifikation im Schulalltag thematisiert sowie W{\"u}nsche der Studierenden bez{\"u}glich praktischer Umsetzung von erlernten Methoden ber{\"u}cksichtigt werden. Eine problemorientierte Haltung der Befragten betont dagegen mangelnde Vorerfahrungen bez{\"u}glich Erhebungsmethoden sowie diagnostischem Grundlagenwissen und fordert zur Kompensation dieser L{\"u}cken auf. Die Ergebnisse werden in Hinblick auf deren Beitrag zu den drei Koh{\"a}renzkomponenten Verstehbarkeit, Bedeutsamkeit und Bew{\"a}ltigbarkeit sp{\"a}terer Diagnose- und F{\"o}rderaktivit{\"a}ten diskutiert. Die zweite Vorstudie konkretisiert Lehrveranstaltungsinhalte (Themen und Methoden) der Intervention. In einer systematischen {\"U}bersicht wurden Erkenntnisse zur Reviewfrage „Welche thematischen Lehrveranstaltungsinhalte und methodischen Zug{\"a}nge f{\"o}rdern diagnostische Kompetenz als die F{\"a}higkeit, fachliches Lernen mithilfe von Lernaufgaben zu analysieren, bei Lehramtsstudierenden der naturwissenschaftlichen F{\"a}cher?“ identifiziert. Die Evidenz aus 36 Studien wurde in drei Kategorien zusammengefasst. Die erste Kategorie beschreibt Ausbildungsmerkmale, die beim Aufbau einer aufgabenbezogenen diagnostischen Kompetenz unterst{\"u}tzen k{\"o}nnen, zum Beispiel durch Konkretisierung des diagnostischen Grundlagenwissens. Die zweite Kategorie betont als methodischen Zugang Lehr-Lern-Konzepte, die {\"u}ber den Einsatz authentischer Fallbeispiele aktives Lernen bef{\"o}rdern k{\"o}nnen. Eine dritte Kategorie fasst Evidenz zu Aufgaben als Lern- und Diagnosehilfen zusammen. Die Evidenzlage wird vor dem Hintergrund der G{\"u}te eingeschlossener Studien diskutiert. Auf Grundlage der Vorstudien wurden im Rahmen einer didaktischen Konstruktion Kompetenzprofil, {\"u}bergeordnete Lehrziele, ad{\"a}quate Lehr- und Lernmaterialien sowie passende Lernaktivit{\"a}ten entwickelt. Die Intervention (insg. 540min) wurde nach erfolgter Pilotierung als regul{\"a}re Lehrveranstaltung an der Universit{\"a}t Freiburg zu zwei Zeitpunkten ausgebracht und an jeweils drei Tagen ({\`a} 180min) durchgef{\"u}hrt. Teilnehmende besch{\"a}ftigten sich mit Zielen und Notwendigkeit p{\"a}dagogischer Diagnostik im Schulalltag, erwarben ein grundlegendes Diagnosewissen und durchliefen einen kompletten diagnostischen Prozess. Schwerpunkte waren die Entwicklung von Aufgaben als semiformelle Diagnoseinstrumente passend zu einem fachlichen Diagnoseziel, das Erheben und Auswerten von Daten anhand von Videovignetten, welche Sch{\"u}lerinnen und Sch{\"u}ler bei der Aufgabenbearbeitung zeigen sowie die Ableitung von F{\"o}rderma{\"s}nahmen. Die zweite Durchf{\"u}hrung wurde nach den Erkenntnissen des Evidenzberichts mit Blick auf Reflexion als methodisches Grundelement {\"u}berarbeitet. Die Wirksamkeit der Intervention wurde im Rahmen der dritten Forschungsfrage untersucht: „Inwiefern f{\"o}rdert die biologiedidaktische Intervention die diagnostischen Kompetenzen als die F{\"a}higkeit, fachliches Lernen mithilfe von Lernaufgaben zu analysieren?“. Die Auswertung der quasi-experimentellen Interventionsstudie erfolgte in einem Mixed-Methods-Design. Die summative Evaluation ber{\"u}cksichtigte aufgabenbezogenes Diagnosewissen (selbsterstellter Wissenstest) sowie selbsteingesch{\"a}tzte F{\"a}higkeiten zum Unterrichten und Diagnostizieren (KLiP). Die Auswertung der Daten erfolgte im Pr{\"a}-/Posttest-Vergleich mithilfe zweifaktorieller Varianzanalysen. In Hinblick auf das diagnoserelevante Selbstkonzept der Teilnehmenden wurden Einstellungen und Vorerfahrungen zur P{\"a}dagogischen Diagnostik mithilfe eines selbsterstellten Fragebogens erhoben. Im Posttest wurde die Intervention bez{\"u}glich Akzeptanz (heiQ) und Verst{\"a}ndlichkeit (COHEP) durch die Teilnehmenden bewertet und mithilfe verteilungsfreier Tests analysiert. Relevantes Fachwissen wurde separat erhoben (MC-Wissenstest). Die qualitative Evaluation wurde durch Gruppeninterviews parallel zur Durchf{\"u}hrung der Intervention umgesetzt und fand zu drei Zeitpunkten vor, nach und w{\"a}hrend der Intervention statt. Das Material wurde im Forschungsrahmen der Grounded Theory ausgewertet. Ein Kompetenzzuwachs der Teilnehmenden (n=103) kann nach Auswertung des Wissenstests zum aufgabenbezogenen Diagnosewissen sowie den selbsteingesch{\"a}tzten F{\"a}higkeiten zum Unterrichten und Diagnostizieren als nachgewiesen gelten. Die Ergebnisse der qualitativen Evaluation sprechen f{\"u}r eine nachhaltige Einstellungs{\"a}nderung, die zur Absicht f{\"u}hrt, die Themen der Diagnose und F{\"o}rderung als Entwicklungsaufgabe weiter vertiefen und erlernte Methoden praktisch ausprobieren zu wollen. Die Umsetzung der reflexionsbasierten Kursmethodik ging im Einklang mit der Literatur nicht mit Einbu{\"s}en im aufgebauten Wissen einher. Es konnte jedoch kein zus{\"a}tzlicher Effekt auf den Kompetenzzuwachs gemessen werden. Umfangreiche Reflexionsprozesse scheinen negative Auswirkungen auf die berichtete Akzeptanz und wahrgenommene Verst{\"a}ndlichkeit zu haben. Weiterf{\"u}hrende Analysen weisen auf einen hohen Einfluss von Fachwissen auf die erfassten Diagnoseleistungen hin. Auch das Vorwissen zur P{\"a}dagogischen Diagnostik stand in positivem Zusammenhang mit dem Wissenserwerb. Der Kompetenzzuwachs wird abschlie{\"s}end vor dem Hintergrund des Einflusses zweier Personenmerkmale (Vorwissen zu p{\"a}dagogischer Diagnostik, Fachwissen der Teilnehmenden) sowie der Wahrnehmung von Koh{\"a}renz diskutiert.}, language = {de} }