@phdthesis{Stein2007, author = {Sabine Stein}, title = {Professionalisierung zwischen Schule und Hochschule. Eine empirische Studie {\"u}ber reflexive Lehrerbildung}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:25-opus-26392}, year = {2007}, abstract = {Die Arbeit thematisiert Reformkonzepte zur Lehrerbildung, die auf diverse Leistungsstudien und Forderungen nach Standards reagieren. Von den formulierten Kompetenzbereichen interessiert an dieser Stelle jener, der den ad{\"a}quaten Umgang mit schulischen Ver{\"a}nderungen ins Zentrum r{\"u}ckt. Zu den \"neuen\" Zust{\"a}ndigkeiten von Lehrerinnen und Lehrern geh{\"o}ren etwa die Evaluation von Unterricht oder die kooperative Profilbildung und Selbstverwaltung der eigenen Schule. Die Bildungswissenschaften sehen in den erweiterten Aufgaben einen Paradigmenwechsel, der in Zusammenhang mit dem beruflichen Selbstverst{\"a}ndnis und einer professionellen Haltung steht. Fraglich ist, inwieweit eine solche Haltung administrativ geplant werden kann: Soziale Leitideen wie Engagement oder Kooperation lassen sich nicht \"absichtlich\" aneignen, sondern zielen weitgehend auf implizite Wissensbest{\"a}nde. Die vorliegende Arbeit fasst dieses Praxiswissen mithilfe der Handlungstheorie Bourdieus und fragt mit Blick auf Professionsdesiderate danach, ob und wie Lehrerbildung einen Habitus f{\"o}rdert, der \"innovativ\" ist. Untersucht werden die Kompetenzen von Berufsneulingen, da diese immer wieder als Hoffnungstr{\"a}ger einer nachhaltigen Schulentwicklung genannt werden. Die Studie bedient einen empirischen Nachholbedarf und tr{\"a}gt zur sozialwissenschaftlichen Methodologieentwicklung bei. Im Fokus steht ein Begleitseminar zum Schulpraktikum, in dem Studierende \"eigene F{\"a}lle\" supervisorisch bearbeiten sowie diverse Gruppendiskussionen durchf{\"u}hren. Der komplexe Datenkorpus beinhaltet verschiedenste Textsorten, Beobachtungen und Erhebungen. F{\"u}r die qualitative Analyse wesentlich ist, dass die Konstruktion von handlungsleitenden Bedeutungen nicht als rein geistige Operation betrachtet wird, sondern sozial situiert und in einem kollektiv erfahrenen Alltag angelegt ist. Da sich dieses symbolische Handeln gewisserma{\"s}en intuitiv und inkorporiert vollzieht, setzt es zudem keine willentliche Zustimmung voraus. Die Rekonstruktion realer Studienpraxis belegt eindr{\"u}cklich, dass sich in der Kommunikation zwischen den Ausbildungsbeteiligten weit mehr ereignet als die Weitergabe von Information. Die Studie identifiziert institutionelle Einfl{\"u}sse und zeichnet dezidiert die Umst{\"a}nde nach, unter denen Studierende auf altbew{\"a}hrte Strategien zur{\"u}ckgreifen oder alternativ ungewohnte ausprobieren. Sie zeigt auch, dass sich verschiedene Handlungsfelder nicht strikt voneinander trennen lassen und biografische Grundorientierungen und Konfliktmuster in andere Kontexte hineintragen werden. Die Methodologie der Grounded Theory (Strauss/Corbin) bietet die Chance, f{\"u}r die Theoriebildung mehrdisziplin{\"a}re Referenzfolien heran zu ziehen. Insbesondere die Anbindung an soziologische Makrotheorien wie der reflexiven Modernisierung (Beck, Giddens) liefert der Lehrer(aus-)bildung einen Rahmen, der mit landl{\"a}ufigen Theorie-Praxis-Dualismen bricht. Eine passf{\"a}hige Verdichtung leisten neuere sozialpsychologische Konzepte zu Identit{\"a}t (Keupp) und Situiertem Lernen (Lave/Wenger). Das zentrale Ergebnis der Untersuchung lautet erstens, dass die berufliche Entwicklung von k{\"u}nftigen Lehrerinnen und Lehrern von der Individualisierung wesentlich tangiert wird, und zweitens, dass sich daraus ein Steuerbedarf f{\"u}r die Praxisgemeinschaften ergibt. Die Studie verdeutlicht entgegen trivialen Machbarkeitsvorstellungen von Bildungspl{\"a}nen, wie Individualisierungsph{\"a}nomene die professionsinh{\"a}rente Unsicherheit von Bildungsarbeit gewisserma{\"s}en potenzieren: Die Ausbildungskontexte sind gepr{\"a}gt von kurzzeitigen Partizipationen, un{\"u}bersichtlichen Sozialzusammenh{\"a}ngen und pluralistischen Wertvorstellungen, die eine professionelle Orientierung erschweren. W{\"a}hrend die Entscheidungs- und Konkurrenzprobleme wachsen, werden gleichzeitig die Beziehungen und Zugeh{\"o}rigkeiten fragiler. Hier decken die Ergebnisse die normativen Implikationen von Idealkonstrukten wie \"Lernenden Organisationen\" auf und relativieren einseitige Gewinnmythen, wie etwa {\"u}ber Teamarbeit, Flexibilit{\"a}t oder Risikofreude. Als Schl{\"u}sselkonzept im Umgang mit Unsicherheit und Risiko stellt die Theoriebildung Ver-trauen (Luhmann) heraus, das nicht mehr durch Traditionen gegeben ist, sondern von den Ausbildungsbeteiligten aktiv hergestellt werden muss und ein spezifisches soziales K{\"o}nnen erfordert. Vor dem Anspruch einer integrierten Berufsbildung braucht es Partizipationsformen, die gegenseitige Anerkennung und transparente Einflussm{\"o}glichkeiten bieten. Die Er-gebnisse sprechen gleichzeitig gegen ein pauschales Berufsfeldvotum, solange die Frage nach der Qualit{\"a}t der jeweiligen Praxis nicht gestellt wird. Als Perspektive verweist die methodisch kontrollierte Supervision auf kommunikative Strategien, die bisherige Denkfiguren aufbrechen und die eigene Berufsentwicklung bewusster machen: Eine selbstreflexive und soziale Hermeneutik bildet ein Instrument, das die kontinuierliche Evaluation des beruflichen Handelns leisten kann.}, language = {de} }