@phdthesis{Friedli2022, author = {Thomas Friedli}, title = {Arbeitsf{\"a}higkeit bei chronischem Schmerz. Eine Interventionsforschung als Beitrag an eine multidimensional evidenzbasierte Praxis Klinischer Sozialer Arbeit}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:frei129-opus4-17586}, year = {2022}, abstract = {Hintergrund Bei der vorliegenden kumulativen Dissertation handelt es sich um eine Interventionsforschung. Als solche ist sie eingebunden in ein innovatives, interprofessionelles Schmerzrehabilitationsprogramm, an welchem die Klinische Soziale Arbeit massgeblich beteiligt ist. Dieses Programm, das Berner ambulante interprofessionelle Rehabilitationsprogramm f{\"u}r Menschen mit chronischen Schmerzen (BAI), steht exemplarisch f{\"u}r die Rehabilitation als wichtiges Arbeitsfeld der Klinischen Sozialen Arbeit. Im Manteltext, der die vier unabh{\"a}ngigen Studien in einen thematischen und methodischen Zusammenhang einordnet, wird entsprechend in die Klinische Soziale Arbeit und in das der Arbeit zugrundeliegende Verst{\"a}ndnis von Gesundheit, Evidenzbasierung und Arbeitsf{\"a}higkeit eingef{\"u}hrt, bevor das Ph{\"a}nomen chronischer Schmerz und das Berner Ambulante Interprofessionelle Rehabilitationsprogramm f{\"u}r Menschen mit chronischen Schmerzen (BAI) sowie die Evaluation komplexer Programme besprochen werden. Ziele Ziel der Dissertation ist es, einen Beitrag an die Evidenzbasierung der Klinischen Sozialen Arbeit und damit an die Verankerung der Profession im Gesundheitswesen zu leisten. Dadurch sollen Menschen, die von chronischen Schmerzen betroffen sind, zuk{\"u}nftig noch besser behandelt, ihre Teilhabem{\"o}glichkeiten (z.B. am Lebensbereich Arbeit) erweitert und ihre F{\"a}higkeit zur gelingenderen Lebensf{\"u}hrung bei chronischem Schmerz verbessert werden. Dazu wird in dieser Dissertation erstens die Frage nach M{\"o}glichkeiten der interventions- und gegenstandsangemessenen Erfassung von Arbeitsf{\"a}higkeit gekl{\"a}rt und zweitens die Bedeutung sozialer Kontextfaktoren f{\"u}r die Arbeitsf{\"a}higkeit bei chronischen Schmerzen untersucht. Studie I beantwortet die Frage, welche existierenden deutschsprachigen Assessments zur Erfassung der Arbeitsf{\"a}higkeit bei Klientinnen und Klienten mit chronischen Erkrankungen zu validen Resultaten f{\"u}hren und praktikabel sind. Studie II untersucht die Frage, bei welchen Items eines bestimmten Instruments zur Erfassung der Arbeitsf{\"a}higkeit (dem iPCQ) Patient*innen in der deutschsprachigen Schweiz Probleme haben die Fragen, Erl{\"a}uterungen und Anweisungen im intendierten Sinne zu verstehen, die f{\"u}r die Beantwortung der Items n{\"o}tigen Informationen im Ged{\"a}chtnis abzurufen, sich f{\"u}r eine Antwort zu entscheiden und zu antworten. Zudem untersucht sie, welcher Art die Probleme sind und was zu deren Behebung beitragen k{\"o}nnte. Studie III beantwortet die Frage, welche Kontextfaktoren sich aus der Perspektive von Menschen mit chronischen, muskuloskelettalen Schmerzen, die an einem interprofessionellen Rehabilitationsprogramm teilnehmen, auf eine Ver{\"a}nderung ihrer Arbeitsf{\"a}higkeit auswirken und wie es dazu kommt. Studie IV untersucht schlussendlich, welche inklusions- und teilhabebezogenen sozialen Faktoren bei Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden mit Produktivit{\"a}tsverlust assoziiert sind. Methoden Diese Dissertation besteht aus vier methodisch eigenst{\"a}ndigen Studien. Studie I ist eine systematische Literaturrecherche, bei der acht Datenbanken (Medline, CINAHL, PsycInfo, Cochrane HTA, DARE, CCMed, Sowiport und BASE) durchsucht wurden. Dabei wurden folgende Suchbegriffe verwendet: Assessment, Chronische Erkrankung, Arbeitsf{\"a}higkeit, Validit{\"a}t und Praktikabilit{\"a}t. Die dadurch gefundene Literatur wurde anhand inhaltlicher und qualitativer Kriterien {\"u}berpr{\"u}ft und in die Studie ein- oder von ihr ausgeschlossen. Studie II ist eine qualitative Validierungsstudie. Im Rahmen dieser Studie haben wir kognitive Interviews mit Menschen mit chronischen Krankheiten und mit Fachpersonen durchgef{\"u}hrt und basierend auf der Framework-Methode analysiert. Studie III ist eine Realist Impact Evaluation, f{\"u}r welche problemzentrierte Interviews mit acht ehemaligen BAIAbsolvent* innen durchgef{\"u}hrt und mittels inhaltlich strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet wurden. Studie IV ist eine hierarchische Regressionsanalyse. Abh{\"a}ngige Variable war der Produktivit{\"a}tsverlust gemessen mit dem iPCQ, unabh{\"a}ngige Variablen waren die Schmerzst{\"a}rke sowie demographische und soziale Kontextfaktoren, die im Schmerzregister der Klinik erhoben werden. Resultate Studie I zeigte, dass grunds{\"a}tzlich validierte und praktikable Instrumente zur Erhebung von Arbeitsf{\"a}higkeit in der Klinischen Sozialen Arbeit und der interprofessionellen Praxis und Forschung zur Verf{\"u}gung stehen, dass aber im spezifischen Kontext sorgf{\"a}ltig gepr{\"u}ft werden muss, welches Instrument sich f{\"u}r die jeweiligen Ziele, Anspr{\"u}che, Klient*innengruppen und die zur Verf{\"u}gung stehenden Ressourcen eignet und dass f{\"u}r einige der Instrumente weiterer Bedarf besteht, die verschiedenen Quellen der Validit{\"a}t f{\"u}r die Nutzung in einem bestimmten Kontext zu {\"u}berpr{\"u}fen. Mit Studie II konnten die in der Forschungspraxis festgestellten Probleme bei der Nutzung des iPCQ in Bezug auf das Verst{\"a}ndnis von Fragen und Anweisungen, den Abruf von Informationen aus dem Ged{\"a}chtnis, den Entscheidungsprozess und das Konstrukt best{\"a}tigt, neu aufgedeckt und erkl{\"a}rt werden. Sie k{\"o}nnen helfen, den iPCQ weiterzuentwickeln f{\"u}r die Nutzung bei Menschen mit chronischen Erkrankungen und weitere Schritte zur Unterst{\"u}tzung der Validit{\"a}t der deutschen Version des iPCQ einzuleiten. Die Resultate von Studie III k{\"o}nnen helfen, das komplexe Wechselwirkungsgeschehen zwischen sozialen Kontextfaktoren, Mechanismen und der F{\"a}higkeit, nach einer Rehabilitation trotz Schmerzen am Lebensbereich Arbeit zu partizipieren, besser zu verstehen und Schmerzrehabilitationsprogramme darauf aufbauend weiterzuentwickeln. Die Studie hat gezeigt, dass soziale Kontextfaktoren und damit in Verbindung stehende Mechanismen die erreichbaren Outcomes eines komplexen, interprofessionellen Rehabilitationsprogramms nicht nur w{\"a}hrend der Intervention, sondern bereits vor Antritt und insbesondere auch in der Phase unmittelbar nach Ende der Intervention stark beeinflussen k{\"o}nnen. Studie IV hat gezeigt, dass teilhabebezogene soziale Kontextfaktoren auch in unserem konkreten Sample von Menschen, die von chronischen Schmerzen betroffen sind in einem Zusammenhang stehen mit der Arbeitsf{\"a}higkeit. Diskussion Die Resultate der Studien I und II erg{\"a}nzen die Resultate anderer Validierungsstudien zum iPCQ, indem sie insbesondere die Validit{\"a}tsquellen «Antwortprozesse» und «Konsequenzen der Testung» f{\"u}r die Nutzung des iPCQ bei Menschen mit chronischen Krankheiten in der Schweiz und im deutschsprachigen Raum abdecken. Sie legen die Grundlage daf{\"u}r, dass die Validit{\"a}t des Fragebogens weiter verbessert werden kann. Die aus den Ergebnissen abgeleiteten Vorschl{\"a}ge an die Entwickler*innen sind jedoch nicht als finale Empfehlungen, sondern als erster Schritt hin zu einer validierten deutschsprachigen Version des iPCQ f{\"u}r den Einsatz bei Menschen mit chronischen Krankheiten zu verstehen. Als n{\"a}chstes kann nun eine sprachkompetente und -sensible {\"U}bersetzung des niederl{\"a}ndischen Originalfragebogens ins Deutsche erfolgen. Ein weiterer Schritt kann dann in Anlehnung an Beatons Empfehlungen f{\"u}r transkulturelle {\"U}bersetzungen von Erhebungsinstrumenten (cross-cultural translations) die kritische Diskussion der {\"U}bersetzung in einer Expert*innengruppe sein, um die unterschiedlichen Versionen zu konsolidieren. Studie III hat generell best{\"a}tigt, dass chronischer Schmerz die f{\"u}r die Lebensf{\"u}hrung zur Verf{\"u}gung stehenden Gesamtressourcen eines Menschen derart einschr{\"a}nken kann, dass die Gefahr besteht, dass einige Lebensbereiche nicht mehr aktiv gestaltet oder gepflegt werden k{\"o}nnen. Der Wegfall dieser (oftmals regenerativen) Lebensbereiche kann zu einer Disbalance der gesamten Lebensf{\"u}hrung f{\"u}hren, welche auch die Teilhabef{\"a}higkeit an (re)produktiven Lebensbereichen wie dem Lebensbereich Arbeit und Besch{\"a}ftigung bedroht. Mit den Resultaten der Studien III und IV wurde best{\"a}tigt, dass der chronische Schmerz auch als soziales Ph{\"a}nomen zu begreifen, zu beschreiben und schlussendlich zu behandeln ist. Es hat sich gezeigt, dass chronischer Schmerz ein eigentlicher «Teilhabezerst{\"o}rer» ist. Am chronischen Schmerz wird die Bedeutung der sozialen Dimension des biopsychosozialen Verst{\"a}ndnisses von Gesundheit und Krankheit f{\"u}r das Individuum und die Gesellschaft deutlich.}, language = {de} }